Steuertipp Nr. 28 - Homeoffice und Steuern
Steuertipp Nr. 28 - Homeoffice und Steuern
Immer mehr Unternehmen setzen auf flexible Arbeitsmodelle und passen ihre HR-Strategie der Digitalisierung der Arbeitswelt an. Der Trend zum Homeoffice wurde durch die Corona-Krise nochmals deutlich beschleunigt. Die neuen, modernen Arbeitsplatzkonzepte werfen sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgeber eine Vielzahl von steuerrechtlichen Fragen auf. Der folgende Beitrag verschafft Ihnen einen Überblick.
Gehört eine Entschädigung des Arbeitsgebers für die Benutzung des privaten Arbeitszimmers zum steuerpflichtigen Lohn?
Grundsätzlich stellen Entschädigungen für die Nutzung privater Arbeitszimmer oder Lagerräume steuerpflichtigen Lohn dar. Der Hintergrund dieser bislang geltenden Behandlung ist vereinfach gesagt, dass es sich hier nicht um Spesen, sondern wenn überhaupt um Ersatz von Berufsauslagen handelt. Für diese wird im Veranlagungsverfahren abgeklärt, ob sie steuerlich abzugsfähig sind. Auch sind die Entschädigungen grundsätzlich sozialversicherungspflichtig, wenn es sich dabei um steuerlich nicht anerkannte Berufsauslagen handelt bzw. diese gemäss Wegleitung über den massgebenden Lohn der AHV (Randziffer 3002/3003) nicht beruflich veranlasst sind. Die Trennung war aber nicht in allen Fällen eindeutig, es sind uns durchaus Spesenreglemente bekannt, welche Homeoffice-Entschädigungen als Spesen behandeln.
Spesen
Das Bundesgericht hat in seinem jüngsten Urteil vom 23. April 2019 (BGer 4A_533/2018) ausgeführt, dass dem Arbeitnehmenden eine solche Entschädigung zivilrechtlich zusteht, wenn der Arbeitgeber ihm keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmenden nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen. In einer solchen Konstellation entstehen die Auslagen nicht nach oder vor der Arbeitszeit (wie bei Berufsauslagen), sondern während der konkreten Ausführung der Arbeitstätigkeit und fallen steuerrechtlich unter den Spesenbegriff. Im Bereich der Sozialversicherungen gilt analoges. Spesen, denen tatsächliche Auslagen gegenüberstehen, stellen kein Einkommen, sondern Auslagenersatz dar und bilden keinen massgebenden Lohn für die AHV.
Berufsauslagen
Entschädigungen für die gelegentliche Benutzung des privaten Arbeitszimmers für geschäftliche Zwecke ausserhalb der eigentlichen Arbeitszeit (z.B. nach Feierabend, Wochenenden) bei grundsätzlichem Vorhandensein eines Arbeitsplatzes am Arbeitsort stellen jedoch keine Spesen, sondern Gewinnungskosten/Berufskosten gemäss einleitenden Bemerkungen dar und sind grundsätzlich steuerbarer- und sozialversicherungspflichtiger Lohnbestandteil. Die Behandlung weiterer Entschädigungskomponenten (z.B. für IT-Infrastruktur, Internet, Büromaterial, Bürostuhl etc.) müssten der gleichen Logik folgen. Die korrekte Abrechnung ausgerichteter Vergütungen seitens Arbeitgeber ist ebenso zentral wie die vollständige und korrekte Bescheinigung auf dem Lohnausweis (Lohnausweis ist eine Urkunde).
Kann bei Homeoffice das private Arbeitszimmer steuerlich abgezogen werden?
Unselbstständig Erwerbende können Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen, grundsätzlich als Berufskosten in ihrer Steuererklärung abziehen. Dabei handelt es sich insbesondere um Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort, Mehrkosten der auswärtigen Verpflegung sowie die übrigen für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kosten. Letztere beinhalten auch die Kosten für ein beruflich bedingtes Arbeitszimmer in der Privatwohnung oder im Wohneigentum.
Steuerpflichtige Personen können gemäss Rechtsprechung und herrschender Lehrmeinung unter folgenden kumulativen Voraussetzungen die selbstgetragenen Kosten eines privaten Arbeitszimmers in der Steuererklärung abziehen (der Abzug tritt anstelle des Pauschalabzuges für übrige Berufskosten):
- Wesentliche und regelmässige Tätigkeit im Homeoffice (kantonale Regelungen unterschiedlich: i.d.R. mind. 1/3 - 40 Prozent der Arbeitszeit);
- Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmenden keinen Arbeitsplatz zur Verfügung oder die Benutzung ist nicht zumutbar oder nicht möglich;
- Ausscheidung eines Raumes in der Wohnung, welcher tatsächlich und hauptsächlich als Arbeitsplatz genutzt wird (d.h. man richtet sich sein Homeoffice nicht in einer Ecke des Schlafzimmers ein).
Schwieriger wird die Abgrenzung, wenn der Arbeitgeber zwar Arbeitsplätze zur Verfügung stellt, jedoch nicht für das gesamte Personal (Smart-Working-Konzepte). In einem einschlägigen Urteil vom 31. Mai 2018 (BGer 2C_1033/2017) hat das Bundesgericht entschieden, dass bei einer «Arbeitsplatz-ratio» von 0,8 (d.h. dass der Arbeitgeber für 80 Prozent des Personals einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt) nicht ein erheblicher Teil der Arbeitsleistung im Homeoffice erbracht wird und damit die Voraussetzungen für den Arbeitszimmerabzug steuerlich nicht gegeben sind.
Die Abzugsfähigkeit der Kosten eines privaten Arbeitszimmers ist in der Praxis vielfach umstritten und wird nach wie vor restriktiv gehandhabt. Im Zuge der Corona-Krise ist die Vielzahl der unterschiedlichen Konzepte jedoch gross und es dürften individuelle Vereinbarungen und Spezialregelungen bestehen, womit jeder Fall einzeln zu beurteilen ist.
Letztendlich handelt es sich bei der Steuererklärung um eine Selbstdeklaration. Wer (in seinen Augen notwendige) Auslagen für ein Homeoffice hat, kann diese geltend machen; im schlechtesten Fall wird der Abzug einfach nicht gewährt. Natürlich ist eine konsequente Deklaration gefordert. Macht man geltend, im Homeoffice zu arbeiten und hierfür Kosten zu haben, fallen für diese Tage im Umkehrschluss Abzüge für auswärtige Verpflegung oder Arbeitsweg weg.
Es ist damit zu rechnen, dass sich die Steuerbehörden bezüglich konkreter Handhabung in Zukunft äussern werden bzw. eine Veranlagungspraxis entwickelt werden muss. Erste Steuerverwaltungen haben beispielsweise publiziert, dass während der Zeit des Lockdowns bzw. in der Steuerperiode 2020 die Berufskosten für Unselbstständig Erwerbende (Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort, Verpflegungskosten) ungeachtet allfälliger Homeoffice-Tage ungekürzt geltend gemacht werden können.
Beispiel: Berechnung Abzug privates Arbeitszimmer bei einer 5.5-Zimmerwohnung mit Bruttomietzins CHF 36'000 / Jahr.
Bruttomiete CHF 36'000 / 7.5 Zimmer (5.5-Zimmerwohnung + 2 Nebenräume) x 1 Arbeitszimmer = steuerlicher Abzug CHF 4'800. Anmerkung: Die meisten Steuerverwaltungen verlangen den Einbezug von zwei Nebenräumen bei der Berechnung der abzugsfähigen Kosten.
Bei Wohneigentum erfolgt die Berechnung aufgrund des entsprechenden Eigenmietwertes. Wird das Arbeitszimmer nicht ausschliesslich für berufliche Zwecke verwendet, so ist für die private Nutzung in der Regel ein angemessener Privatanteil zu berücksichtigen.
Exkurs: Übersteigen die Kosten für das Arbeitszimmer den Pauschalabzug für übrige Berufskosten (entweder effektive Kosten oder Pauschalabzug; keine Kumulation möglich) und werden dementsprechend die effektiven Kosten anstelle der Pauschale geltend gemacht, lohnt es sich, zusätzlich zu prüfen, ob auch andere effektive übrige Berufskosten wie z.B. Fachliteratur, Beiträge an Berufsverbände, Berufskleider, Hard-/Software etc. in der Steuererklärung geltend gemacht werden können.
Arbeitgeber aufgepasst: Betriebsstättenrisiko!
Die Thematik der Betriebsstätte erfährt derzeit eine erhöhte Aufmerksamkeit bei den Steuerämtern und die Anforderungen an steuerliche Betriebsstätten sinken - insbesondere im internationalen Kontext. Unternehmensgewinne sollen dort besteuert werden dürfen, wo die wirtschaftliche Wertschöpfung stattfindet. Wenn Mitarbeitende dauerhaft einen massgeblichen Anteil ihrer Arbeitszeit ausserhalb des Unternehmenssitzes im Homeoffice verbringen, kann dieses je nach Konstellation zu einer festen Geschäftseinrichtung werden und steuerlich als eine Betriebsstätte des Unternehmens qualifiziert werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn aus dem Homeoffice des Mitarbeitenden für das Unternehmen wesentliche Tätigkeiten ausgeübt oder massgebende Geschäftsentscheide gefällt werden.
Liegt steuerlich eine Betriebsstätte vor, wird der Arbeitgeber am Ort, wo sich das Homeoffice befindet, steuerpflichtig und muss für einen Anteil seines Unternehmensgewinnes dort anteilsmässig Steuern abführen.
Internationaler Kontext: Steuerpflicht des Arbeitnehmenden im Homeoffice
Aufgrund der nationalen Steuergesetze sind natürliche Personen an jenem Ort unbeschränkt steuerpflichtig, wo sich ihr Lebensmittelpunkt befindet. Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit werden demnach in der Schweiz grundsätzlich nicht am Arbeitsort, sondern am Wohnort besteuert. Anders verhält es sich im internationalen Kontext: Hier gilt das sogenannte «Arbeitsortsprinzip», wonach natürliche Personen für ihre unselbstständigen Erwerbseinkünfte grundsätzlich an jenem Ort steuerpflichtig werden, wo die Arbeit tatsächlich physisch ausgeführt wird.
Werden nun bestimmte (oder auch nur vereinzelte) Arbeitstage bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen nicht mehr physisch vor Ort am Sitz des Arbeitgebers, sondern im Homeoffice am Wohnort geleistet, kann dies zu einer anderen Zuweisung des Besteuerungsrechts des Arbeitslohnes führen.
Beispiel: Internationaler Wochenaufenthalter (Wohnsitz Deutschland) mit Schweizer Arbeitgeber (Arbeitsort Schweiz)
Als internationale Wochenaufenthalter qualifizieren Personen, die beispielsweise unter der Woche in der Schweiz arbeiten, jedoch am Wochenende jeweils an den Familienort im Ausland zurückkehren (Lebensmittelpunkt ist im Ausland).
Aufgrund des Arbeitsortsprinzips darf die Schweiz die Lohneinkünfte besteuern. Jeder einzelne am Wohnort in Deutschland geleistete Arbeitstag ist jedoch in Deutschland steuerpflichtig und muss in der Schweiz entsprechend steuerlich freigestellt werden (es liegt kein Entsende-Fall vor). Bei regelmässigem Homeoffice ist zudem aus Optik des Schweizer Arbeitgebers das Betriebsstättenrisiko zu prüfen.
Exkurs Sozialversicherungen: Auch im Bereich der Sozialversicherungen greift das sogenannte Arbeitsortsprinzip. Es erfolgt jedoch - im Gegensatz zum Steuerrecht - keine Aufteilung der einzelnen Arbeitstage, sondern eine Zuweisung der Unterstellung als Ganzes an einen Staat. Sofern die Tätigkeit am Wohnort weniger als 25% ausmacht, verbleibt die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung bei Vorhandensein eines entsprechenden Sozialversicherungsabkommens grundsätzlich im Arbeitsstaat, d.h. in der Schweiz.
In Abweichung zum Arbeitsortprinzip führen jedoch beispielsweise Grenzgänger, leitende Angestellte, öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse oder Entsendungen («Monteur-Klausel») zu einer anderen steuerlichen Beurteilung mit entsprechend anderer Zuweisung des Besteuerungsrechtes. Unumgänglich ist es deshalb, die im Einzelfall relevanten Bestimmungen in den Doppelbesteuerungs- und Sozialversicherungsabkommen sowie der teils während COVID-19 geltenden Konsultationsvereinbarungen zu kennen.
FABI und Bescheinigungspflicht Arbeitgeber
Seit der Steuerperiode 2016 ist der Fahrkostenabzug für den Arbeitsweg für Unselbstständig Erwerbende aufgrund der FABI-Initiative bei der direkten Bundessteuer sowie den meisten Kantonen betragsmässig limitiert. Arbeitnehmende, welchen ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung steht, wird in der Steuererklärung auf der Gegenseite der geldwerte Vorteil für den Arbeitsweg im Einkommen aufgerechnet.
Dies gilt jedoch, gemäss Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 15. Juli 2016 (Nr. 002-D-20016-d), nicht für sogenannte «Aussendiensttage», bei welchen der Arbeitnehmer nicht direkt vom Wohnort zur Arbeitsstätte oder umgekehrt fährt. Regelmässige Homeoffice Tage gelten dabei ebenfalls steuerlich als Aussendienstage. Der Arbeitgeber muss den prozentualen Anteil der Aussendiensttage unter Ziffer 15 des Lohnausweises bescheinigen. Gut beraten ist, wer Homeoffice Tage im Hinblick auf die Ausstellung des Lohnausweises sowie das Ausfüllen der privaten Steuererklärung laufend, lückenlos und nachvollziehbar dokumentiert.
Schlussfolgerung
Moderne Arbeitsplatzkonzepte und die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt werden dem Homeoffice zunehmend Aufschwung verschaffen. Das Arbeiten von zu Hause aus bringt jedoch eine Vielzahl steuerlicher Fragestellung mit sich - sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmende. Es empfiehlt sich, die Homeoffice-Policy, Arbeitsplatzkonzepte und individuellen Spezialregelungen frühzeitig nach steuerlichen Gesichtspunkten zu analysieren.
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