Die Liegenschaft an die nächste Generation übertragen
Die Liegenschaft an die nächste Generation übertragen
Vielen Eltern ist es ein Anliegen, ihre Liegenschaft innerhalb der Familie weiterzugeben. Bei familieninternen Liegenschaftsübertragungen stellen sich zahlreiche Fragen, unter anderem: Soll die Liegenschaft allen Kindern gemeinsam oder nur einem Kind überschrieben werden? Was ist bei einer Übertragung zu einem unter dem Marktpreis liegenden Preis (gemischte Schenkung) bzw. einer reinen Schenkung zu beachten? In diesem Artikel erfahren Sie Wissenswertes rund um dieses in der Praxis sehr relevante Thema.
Familieninterne Liegenschaftsübertragungen - worauf Sie achten sollten
Die Gründe für eine lebzeitige Übertragung der Liegenschaft an die Kinder sind vielfältig: Den einen Eltern ist das Haus zu gross geworden. Andere Eltern möchten zwar weiterhin im Haus wohnen bleiben, dieses jedoch zu Lebzeiten der nächsten Generation übertragen, um spätere Diskussionen bei der Erbteilung zu vermeiden.
Wer soll die Liegenschaft erhalten?
Unabhängig vom Zeitpunkt der Übertragung stellt sich die Frage, ob die Liegenschaft allen Kindern oder nur einem Kind überschrieben werden soll. Die Übertragung an alle Kinder gemeinsam entspringt oft dem Wunsch der Eltern nach Gleichbehandlung ihrer Kinder. Obwohl verständlich, ist dieser Wunsch in der Praxis oft beschwerlich, nur schon bei Uneinigkeit über anstehende Renovationen oder wenn ein Kind verstirbt, wodurch dessen Erben in das gemeinsame Eigentum eintreten. Dadurch wird die Anzahl der Eigentümerinnen oder Eigentümer grösser - bei zugleich oft loserem Zusammenhalt und unterschiedlicheren Interessen.
Miteigentum oder Gesamteigentum?
Bei einer Übertragung der Liegenschaft an alle Kinder muss entschieden werden, ob dies im Gesamt- oder im Miteigentum geschieht. Beim Gesamteigentum setzt das Erfordernis der Einstimmigkeit den Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen enge Grenzen. Beim Miteigentum kann jedes Kind grundsätzlich selbstständig über seinen Anteil verfügen - allerdings lässt sich für einen Miteigentumsanteil selten eine Erwerberin oder ein Erwerber finden.
Eine gemeinschaftliche Übernahme bietet deshalb langfristig selten eine angemessene Lösung. Angesichts dessen ergibt es oft mehr Sinn, die Liegenschaft an ein Kind zu übertragen. Dabei sind insbesondere erbrechtliche Überlegungen zu berücksichtigen.
Erbvertrag schafft Rechtssicherheit - ein Beispiel
Frau Müller ist Witwe und Mutter zweier Töchter, Susanne und Tanja. Im Jahr 1991 verschenkt sie ihr unbelehntes Haus in Wetzikon (Steuerwert 1991: CHF 650'000) der jüngeren Tochter Tanja. Im Jahr 2024 verstirbt die Mutter, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag zu hinterlassen. Der Steuerwert der seinerzeit verschenkten Liegenschaft beträgt inzwischen CHF 920'000, der Marktwert wird auf CHF 1.7 Mio. geschätzt. Tanja geht davon aus, dass sie sich im Rahmen der Erbteilung nur den im Übertragungszeitpunkt (1991) geltenden Liegenschaftswert anrechnen lassen muss. Ihre Schwester Susanne widerspricht. Zu Recht? Ja, denn massgebend ist der aktuelle Marktwert der Liegenschaft im Todeszeitpunkt von Frau Müller, somit CHF 1.7 Mio. Diesen Wert muss Tanja gegenüber ihrer Schwester Susanne im Rahmen der Erbteilung ausgleichen. Reichen die im Nachlass von Frau Müller vorhandenen Mittel für die Herstellung der Gleichbehandlung nicht aus und verfügt Tanja nicht über ausreichend eigene Mittel, so kann dies zu einem Verkauf der Liegenschaft führen.
Leider sind solch unliebsame Überraschungen in der Praxis nicht selten. Der Hintergrund ist folgender: Die Differenz zwischen dem Verkaufspreis einer Liegenschaft (bei einer Schenkung CHF 0) und dem Marktwert im Übertragungszeitpunkt gilt grundsätzlich als Erbvorbezug an das übernehmende Kind. Ohne anderweitige Regelung haben die Kinder Erbvorbezüge im Nachlass der Veräusserin untereinander auszugleichen, wobei sich die Höhe des Erbvorbezugs anhand des Marktwertes der Liegenschaft im Todeszeitpunkt der Veräusserin/Schenkerin berechnet, sprich bei einer Wertsteigerung auf den aktuellen Marktwert hochgerechnet werden muss. Ein von allen Familienmitgliedern unterzeichneter und notariell beurkundeter Erbvertrag hilft, unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Im Erbvertrag können die Parteien verbindlich vereinbaren, welchen Wert sich das Kind, das die Liegenschaft übernommen hat, dafür im Rahmen der späteren Erbteilung anrechnen lassen muss. Eine allfällige Wertentwicklung zwischen dem Übernahmezeitpunkt und dem Zeitpunkt der Erbteilung bleibt in diesem Fall unbeachtlich. Dies schafft Klarheit und Rechtssicherheit für alle Parteien.
Weitere Vertragspunkte neben der Fixierung des Übernahmewertes können die Modalitäten der Ausgleichung gegenüber den Geschwistern sowie ein zeitlich befristetes Vorkaufs- und/oder Gewinnanteilsrecht für diese sein. Nicht unerwähnt bleiben sollte ein weiterer Punkt: Falls die übertragene Liegenschaft nicht auf das Kind allein, sondern auf dieses und dessen Ehegatten übertragen wird, sollte zudem eine notariell beurkundete vertragliche Regelung zwischen den jungen Eheleuten ins Auge gefasst werden - dies nicht zuletzt im Hinblick auf eine mögliche Scheidung oder das Ableben.
Wohnsituation der Eltern
Entscheiden sich Eltern dazu, ihre Liegenschaften zu Lebzeiten der nächsten Generation zu übertragen, jedoch weiterhin darin wohnen zu bleiben, stellt sich die Frage, gestützt auf welches Rechtsverhältnis dies geschieht: Miete, Wohnrecht und Nutzniessung sind die gängigsten Optionen, die - und deren Konsequenzen - es sorgfältig zu prüfen gilt. Die Konsequenzen sind nicht nur steuerlich unterschiedlich, vielmehr hat, wenn die Liegenschaft mit einer Hypothek belastet ist, auch die Bank mitzureden: Die Hypothek geht automatisch auf die übernehmenden Kinder bzw. das übernehmende Kind über. Dies kann zu Problemen führen, wenn die Kinder bereits ein Eigenheim besitzen, welches hypothekarisch belastet ist, oder wenn sie unter Aufnahme einer Hypothek eines erwerben möchten.
Was sagt das Steueramt? Kosten und Steuern bei der Übertragung einer Liegenschaft
Liegenschaftstransaktionen bringen Kosten mit sich. Neben den Gebühren von Notarin oder Notar und Grundbuchamt ist in vielen Kantonen die Handänderungssteuer zu entrichten. Ob infolge von Schenkung, Erbvorbezug oder Erbteilung die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben werden kann bzw. die Handänderungssteuer entfällt, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Was die Erbschafts- und Schenkungssteuern angeht, sind die direkten Nachkommen in den meisten Kantonen von der Erbschafts- und Schenkungssteuerpflicht befreit. Deutlich eingeschränkter gilt diese Befreiung von der Steuerpflicht bei Stiefkindern. Nicht zu vergessen sind schliesslich die Einkommens- und Vermögenssteuern.
Sorgfältige Planung und professionelle Beratung zahlen sich aus
Wie aufgezeigt, wirft die Übertragung von Liegenschaften zahlreiche Fragen auf und die Konsequenzen sind langfristig und mannigfach. Um sich gegen unliebsame Überraschungen zu wappnen, empfiehlt es sich, dieses Thema mit einer Fachperson umfassend zu beleuchten und die relevanten Parameter schriftlich festzuhalten.