Beteiligungsabzug – Stolperfallen und Optimierungsmöglichkeiten

In der Schweiz steuerpflichtige Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften können unter bestimmen Voraussetzungen bei Ausschüttungen oder Veräusserungsgewinnen aus qualifizierenden Beteiligungsrechten auf Ebene der Gewinnsteuer vom steuerlichen Beteiligungsabzug profitieren. Auf den ersten Blick scheint der Beteiligungsabzug eine simple Angelegenheit zu sein, doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Im Folgenden werden ausgewählte Stolperfallen und Optimierungsmöglichkeiten für den Praxisalltag beleuchtet.

Der Beteiligungsabzug zielt darauf ab, eine wirtschaftliche Mehrfachbesteuerung auf verschiedenen Unternehmensebenen zu vermeiden. Hierbei werden Ausschüttungen und Kapitalgewinne von qualifizierenden Beteiligungen steuerlich indirekt freigestellt. Dies bedeutet, dass nicht die steuerliche Bemessungsgrundlage bzw. der steuerbare Reingewinn um den Beteiligungsertrag reduziert wird, sondern die Ermässigung prozentual auf Ebene der Steuerlast erfolgt (indirekte Freistellung).

Die Anwendung dieser Regelung geschieht nach einer spezifischen Formel:

Nettoertrag aus Beteiligungen x 100 Steuerbarer Gesamtreingewinn = Prozentuale Ermässigung der Gewinnsteuer

Der Nettoertrag aus Beteiligungen ergibt sich grundsätzlich aus der folgenden Berechnung:

Bruttoertrag qualifizierende Beteiligungen
minus Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Ertrag (Substanzdividende)
minus nicht rückforderbare Quellensteuer
minus Verwaltungsaufwand
minus Finanzierungsaufwand
= Nettoertrag aus Beteiligungen

 

Voraussetzungen für den Beteiligungsabzug

Der Beteiligungsabzug ist in Art. 69 und 70 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) und in Art. 28 des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) geregelt. Die Bestimmungen sehen vor, dass die Ermässigung in folgenden Fällen Anwendung findet:

1. Dividendenausschüttungen

  • a. Die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ist zu mindestens 10% am Grund- oder Stammkapital einer anderen Gesellschaft beteiligt; oder
  • b. zu mindestens 10% am Gewinn und an den Reserven einer anderen Gesellschaft beteiligt; oder
  • c. hält Beteiligungsrechte im Verkehrswert von mindestens einer Million Franken.

2. Kapitalgewinne aus Veräusserung

  • a. Der Veräusserungserlös übersteigt die Gestehungskosten;
  • b. die veräusserte Beteiligung betrug mindestens 10% des Grund- oder Stammkapitals einer anderen Gesellschaft oder begründete einen Anspruch auf mindestens 10% des Gewinns und der Reserven einer anderen Gesellschaft und war während mindestens eines Jahres im Besitz der veräussernden Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft.

 

Wo liegen die Stolperfallen und welche Optimierungsmöglichkeiten gibt es?

Verkehrswertkriterium und Dividenden aus «Streubesitz»-Aktien

Bei Dividendenausschüttungen (nicht jedoch bei Kapitalgewinnen aus Veräusserung) kann eine Gesellschaft den Beteiligungsabzug auch dann beanspruchen, wenn die Beteiligungsquote zwar tiefer ist als 10%, der Verkehrswert (pro Beteiligung) aber mindestens eine Million Franken beträgt. Aus diesem Grund ist einerseits zu prüfen, ob allenfalls Beteiligungen, welche das Quotenkriterium von 10% nicht erfüllen, aufgrund des quantitativen Kriteriums (d.h. Verkehrswert von über eine Million Franken) trotzdem vom Beteiligungsabzug profitieren können. Andererseits sind bei der Prüfung der Berechtigung für den Beteiligungsabzug nicht nur die handelsrechtlich ausgewiesenen «Beteiligungen» steuerlich zu prüfen, sondern allenfalls auch die in der Jahresrechnung ausgewiesene Position der «Wertschriften», da auch «Streubesitz»-Aktien mit einem Verkehrswert von über einer Million Franken für den Beteiligungsabzug berechtigen. Bei Vorliegen mehrerer Wertschriftenportfolios sind Werte gleicher Aktientitel über sämtliche vorhandene Depots zu addieren, um festzustellen, ob die besagte Grenze von einer Million Franken für die Geltendmachung des Beteiligungsabzuges erreicht wird. Des Weiteren sollte beachtet werden, dass bei Streubesitz-Aktien – sofern die Voraussetzungen für den Beteiligungsabzug erfüllt sind – nicht nur die ordentlichen Dividendenausschüttungen, sondern auch Ausschüttungen aus Kapitaleinlagereserven (KER) miteinbezogen werden müssen, die in der Regel aus den Depot-/Steuerauszügen der Banken nicht ersichtlich sind.

Hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts für die Bestimmung des Verkehrswertes ist hierbei zu beachten, dass praxisgemäss wahlweise entweder der Verkehrswert am 31.12. des Kalenderjahres oder aber der Zeitpunkt der Dividendenausschüttung massgebend ist. Dies bedeutet, dass je nach Konstellation für eine Beteiligung, die Ende Jahr zwar einen Verkehrswert von weniger als einer Million Franken aufweist, der Beteiligungsabzug je nach Wert per Dividendenfälligkeit trotzdem beansprucht werden kann.

Teilveräusserungen

Fällt eine Beteiligungsquote infolge Teilveräusserung unter 10%, so kann die Ermässigung für jeden folgenden Veräusserungsgewinn nur beansprucht werden, wenn die Beteiligungsrechte am Ende des Steuerjahres vor der Veräusserung einen Verkehrswert von mindestens einer Million Franken hatten. Gemäss neuster bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 148 II 243) genügt es dabei nicht, einmal die Mindestquote von 10% gehalten zu haben (statusbezogene Sichtweise), sondern es muss zuvor eine tatsächliche Veräusserung eines Teilpakets von mindestens 10% – mit mindestens 1 Jahr Haltedauer – stattgefunden haben (transaktionsbezogene Sichtweise).

Dokumentation der Gestehungskosten

Kapitalgewinne auf Beteiligungen berechtigen nur dann zum Beteiligungsabzug, wenn der Veräusserungserlös die Gestehungskosten übersteigt. Die genaue Berechnung der Gestehungskosten von Beteiligungen ist daher von entscheidender Bedeutung. Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang, die Gestehungskostenübersicht lückenlos nachzuführen und jährlich zusammen mit der Steuererklärung einzureichen (wie im Kreisschreiben Nr. 27 der ESTV vom 17.12.2009 unter Ziffer 2.5.1. gefordert). Damit wird einerseits eine nachvollziehbare Dokumentation geschaffen und andererseits mögliche unliebsame Diskussionen mit den Steuerbehörden, beispielsweise hinsichtlich historischer (Nicht-)Veränderung der Gestehungskosten bei Beteiligungen mit langer Haltedauer, vermieden.

Berechnung des Verwaltungsaufwandes

Üblicherweise wird gemäss Art. 70 Abs. 1 DBG eine Pauschale von 5% als Verwaltungsaufwand vom massgeblichen Ertrag aus Beteiligung abgezogen. Diese Pauschale kann jedoch je nach Konstellation zu hoch ausfallen und zu einem unsachgemässen tiefen Beteiligungsabzug führen. Es empfiehlt sich, die wahlweise Geltendmachung von effektiven (tieferen) Verwaltungsaufwände zu prüfen. Hinsichtlich des Wahlrechts zwischen pauschaler und effektiver Ermittlung darf nach hier vertretener Ansicht grundsätzlich eine Einzelfallbetrachtung für jede einzelne Beteiligung vorgenommen werden. Zusätzlich gilt es sicherzustellen, dass für die Umlage nur derjenige Verwaltungsaufwand berücksichtigt wird, der tatsächlich mit den erzielten Beteiligungserträgen im Zusammenhang steht (Spartenrechnung).

Ermittlung des Finanzierungsaufwandes

Der handelsrechtliche Begriff des «Finanzaufwandes» entspricht nicht der steuerrechtlichen Begriffsdefinition des «Finanzierungsaufwandes». Die Definition gem. Art. 70 Abs. 1 DBG & Art. 28 Abs. 1 StHG besagt: «Als Finanzierungsaufwand gelten Schuldzinsen sowie weiterer Aufwand, der wirtschaftlich den Schuldzinsen gleichzustellen ist».

Dies heisst konkret, dass nur Schuldzinsen sowie sonstige Aufwendungen, deren unmittelbare Ursache im steuerlich relevanten Fremdkapital liegt, als steuerlicher Finanzierungsaufwand im Sinne des Beteiligungsabzuges gelten (vgl. dazu Kreisschreiben Nr. 27 der ESTV vom 17.12.2009). Ein steuerlicher Finanzierungsaufwand kann folglich nur vorliegen, wenn diesem eine entsprechende Verbindlichkeit in der Bilanz der Gesellschaft als steuerlich relevantes Fremdkapital gegenübersteht (somit sind beispielsweise Bankspesen, Bürgschaftsprovisionen, Kursverluste, Wertberichtigung auf Wertschriften/Fremdwährungspositionen etc. nicht relevant).

Für die Ermittlung des für den Beteiligungsabzug relevanten steuerlichen Finanzierungsaufwandes ist daher nicht in jedem Fall auf den in der Jahresrechnung ausgewiesenen handelsrechtlichen Finanzaufwand abzustellen. Es empfiehlt sich, eine genaue Prüfung der Zusammensetzung bzw. Aufschlüsselung des Finanzaufwandes vorzunehmen.

 

Wie verhält es sich mit ausländischen Beteiligungen?

In der Schweiz steuerpflichtige Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften können grundsätzlich auch bei ausländischen Tochtergesellschaften bzw. ausländischen Beteiligungen den Beteiligungsabzug beanspruchen. Nach schweizerischem Steuerrecht werden ausländische Rechtsträger den inländischen juristischen Personen gleichgestellt, denen sie unter Würdigung der Gesamtumstände rechtlich oder tatsächlich am ähnlichsten sind.

Bei der Einordnung ausländischer Gesellschaftsformen werden in der Praxis verschiedene Kriterien herangezogen (sogenannter «pragmatischer Methodenmix»). Für die steuerliche Qualifikation sind dabei unter anderem die Konstituierung der Gesellschaft, Haftung der Teilhaber sowie die zivilrechtliche und steuerliche Behandlung im Sitzstaat relevant. Die Grundsatzfrage in der Praxis ist dabei, ob die ausländische Gesellschaft aus Schweizer Sicht als Kapitalgesellschaft (intransparent) oder als Personengesellschaft (transparent) zu qualifizieren ist. Die Einordnung ist tatsächlich kein leichtes Unterfangen und kann je nach Land und Ausgestaltung der Rechtsform hochkomplex sein. Entsprechend ist die Thematik regelmässig Gegenstand von Gerichtsentscheiden. Wo in gewissen Fällen Einigkeit besteht – beispielsweise, dass für Deutsche GmbH & Co. KG's im Grundsatz kein Beteiligungsabzug möglich ist – ist in anderen Bereichen die Praxis und Rechtsprechung uneinheitlich. So beispielsweise bei französischen «société civile immobilière» («SCI») oder bei amerikanischen «US LLC's» oder «S-Corporations». Bei solchen grenzüberschreitenden Verhältnissen lohnt es sich, die nötigen Untersuchungen vorzunehmen, um den Sachverhalt steuerlich optimal und konform abzubilden.

 

Mehr als ein steuerlicher Nebenschauplatz

Der Beteiligungsabzug scheint oftmals ein steuerlicher Nebenschauplatz zu sein. Verschärfend kommt hinzu, dass insbesondere hinsichtlich konkreter Berechnungsweise kaum Praxishinweise oder Rechtsprechung existiert. Eine undurchdachte Deklaration in der Steuererklärung kann zu einem zu tiefen Beteiligungsabzug führen - und daraus resultiert eine unsachgemäss hohe Steuerlast. Nicht selten geht es dabei um substanzielle Beträge. Das Optimierungspotenzial ist entsprechend gross.

Zusammenfassend können die Beachtung der folgenden beispielhaften Fragestellungen zur Vermeidung der gängigsten Stolperfallen und entsprechender Optimierung beitragen:

  • Sind Beteiligungsrechte (darunter auch Streubesitz-Aktien) vorhanden, für die zwar die erforderliche Beteiligungsquote von 10% nicht erreicht wird, die jedoch einen Verkehrswert von über 1 Million Franken vorweisen?
  • Besteht eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation über die steuerlichen Gestehungskosten der qualifizierenden Beteiligungen? Die Gestehungskostenübersicht ist der jährlichen Steuererklärung beizulegen.
  • Ist der effektive Verwaltungsaufwand allenfalls tiefer als die «Standardpauschale» von 5%? Eine Ermittlung des steuerlich relevanten Verwaltungsaufwands inkl. allfälliger Spartenrechnung sowie Prüfung der konkreten steuerlichen Umlage ist vorzunehmen.
  • Wurde eine Unterscheidung zwischen dem handelsrechtlich weit gefassten Begriff des Finanzaufwands und dem steuerrechtlichen Finanzierungsaufwand gemacht?
  • Berechtigen allfällige ausländische Beteiligungen ebenfalls zum Beteiligungsabzug?