Arbeitsrechtliche Aspekte zum Arbeitsort
Arbeitsrechtliche Aspekte zum Arbeitsort
Wichtige Fragen und Antworten
Der Arbeitsort beeinflusst verschiedene Aspekte des Arbeitsverhältnisses, zum Beispiel den Gerichtsstand, das anwendbare Recht, die Feiertagsregelung, allenfalls die Entlöhnung sowie den Arbeitsweg. Verschaffen Sie sich einen Überblick über ausgewählte arbeitsrechtliche Fragen zum Arbeitsort.
1. Was wird unter Arbeitsort verstanden?
Als Arbeitsort wird jener geographische Bereich verstanden, an welchem die Leistung der Arbeit zu erbringen ist. Der Arbeitsort bezieht sich auf den Ort, in dem die Arbeitstätigkeit erbracht wird. Grundsätzlich gilt die gesamte Reichweite der Arbeitsorganisation, in welche die Arbeitnehmerin eingegliedert ist, als Arbeitsort. Es können jedoch schriftlich andere Regelungen getroffen werden.
In Arbeitsverträgen findet sich sodann häufig die Formulierung «Arbeitsort ist [Ort]». Eine derartige Formulierung ist zulässig, führt aber dazu, dass die Arbeitnehmerin grundsätzlich nur an diesem Standort arbeiten muss. Besteht das Unternehmen aus mehreren Betrieben mit unterschiedlichen Standorten, kann es ratsam sein, im Arbeitsvertrag mehrere verschiedene Arbeitsorte festzulegen.
2. Weshalb wird zwischen dem Weg zum Arbeitsort und jenem zum Einsatzort unterschieden?
Der Weg von daheim zum Arbeitsort und zurück ist der Arbeitsweg. Die Zeit, die für den Weg zu und von der Arbeit eingesetzt wird, gilt grundsätzlich nicht als Arbeitszeit. Wird auf dem Weg zur Arbeit tatsächlich gearbeitet, indem beispielsweise die Pendlerzeit im Zug genutzt wird, um E-Mails zu beantworten, empfiehlt es sich, mit dem Arbeitgeber zu klären, inwiefern diese Zeit als Arbeitszeit erfasst werden darf.
Der Weg vom Arbeitsort zum Einsatzort gehört hingegen nicht zum Arbeitsweg. Dieser Weg ist als Arbeitszeit anzurechnen, da er als Arbeitstätigkeit gilt.
Wenn ein Arbeitnehmer normalerweise an einem festen Arbeitsort arbeitet und nun ausserhalb des Arbeitsorts, an einem Ort in der Schweiz, tätig ist, zu dem die Reisezeit länger ist, dann gilt die zusätzliche Zeit als Arbeitszeit. Muss also ein Arbeitnehmer aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit reisen, so stellt sich immer die Frage, wie die Wegzeit zu qualifizieren ist.
Noch komplexer wird die Thematik, wenn der Aufgabenbereich des Arbeitnehmers nicht nur nationale, sondern auch internationale Reisetätigkeit beinhaltet, da das Schweizerische Arbeitsgesetz aufgrund des Territorialitätsprinzips auf das Schweizerische Territorium beschränkt ist.
3. Dürfen mehrere Arbeitsorte vereinbart werden?
Es ist zulässig, im Arbeitsvertrag mehrere Arbeitsorte festzulegen. Es ist beispielsweise zulässig, Arbeitsorte festzulegen, die ungefähr die gleiche Wegzeit vom Wohnort der Arbeitnehmerin erfordern. Heikel ist die Vereinbarung von Arbeitsorten, die so weit vom Wohnort der Arbeitnehmerin entfernt sind, dass ein Grossteil ihrer Freizeit für den Arbeitsweg aufgewendet würde.
4. Was bedeutet die Mobilitätsklausel in Bezug auf den Arbeitsort?
Behält sich der Arbeitgeber vertraglich das Recht vor, den Arbeitsort zu ändern, spricht man von einer sogenannten Mobilitätsklausel. Mit dieser kann eine gewisse Flexibilität erreicht werden. Die Mobilitätsklausel erlaubt es Arbeitgebern aber nicht, den Arbeitnehmer überall hinzuschicken. Vielmehr sind auch hier einige Grenzen zu beachten.
Ein Beispiel hierfür wäre «Arbeitsort ist weltweit». In diesem Fall liegt eine übermässige Bindung vor, die einen Verstoss gegen Art. 27 ZGB darstellt. Darüber hinaus könnte eine solche Klausel als Umgehung der Spesenregelung und der Arbeitszeitanrechnung qualifiziert werden.
Die Zulässigkeit von Mobilitätsklauseln hängt von verschiedenen Faktoren ab. Da der individuelle Fall entscheidend ist, erfordert die Formulierung solcher Klauseln besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt.
5. Inwiefern ist der Arbeitsort relevant, wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt?
In der Schweiz werden Arbeitsverhältnisse mit internationalen Bezügen immer häufiger zur Norm als zur Ausnahme. Dies führt im Falle von Streitigkeiten zu komplexen Fragen wie beispielsweise, welches Gericht überhaupt zuständig ist.
Sowohl gemäss dem Lugano-Übereinkommen (LugÜ) als auch dem Gesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) wird unter anderem ein Gerichtsstand am gewöhnlichen Arbeitsort eröffnet. Eine ähnliche Regelung findet sich auch im nationalen Recht, wonach Art. 34 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung an den Ort anknüpft, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
Der Begriff des «gewöhnlichen Arbeitsorts» bezieht sich jedoch nicht auf den Standort des Unternehmens, sondern auf den geografischen Schwerpunkt der Berufstätigkeit der Arbeitnehmerin. Ein rein hypothetischer Arbeitsort, der sich beispielswese aus der vertraglichen Abrede aus dem Arbeitsvertrag ergibt, die jedoch nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, begründet hingegen keinen Gerichtsstand.
Wenn die Arbeitnehmerin gleichzeitig an mehreren Orten arbeitet, ist der «Hauptarbeitsort» entscheidend. Hat sich der Arbeitsort im Laufe des Anstellungsverhältnisses mehrmals geändert, ist für die örtliche Zuständigkeit der gewöhnliche Arbeitsort im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit der Klage massgeblich. Wenn zu diesem Zeitpunkt kein üblicher Arbeitsort mehr besteht, ist der letzte übliche Arbeitsort massgeblich.
6. Welchen Einfluss hat der Arbeitsort auf das anwendbare Recht?
Nach der Frage des Gerichtsstandes, also der Frage, wo man klagen kann, stellt sich noch die Frage, welchem Recht der Arbeitsvertrag unterliegt. Falls eine Schweizer Zuständigkeit gegeben ist, richtet sich das anwendbare Recht nach dem Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG).
Es wird unterschieden, ob der Arbeitnehmer seinen Arbeitsort in einem oder mehreren Staaten hat. Wenn der übliche Arbeitsort nur in einem Land liegt, unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht dieses Landes. Verrichtet der Arbeitnehmer seine Arbeit üblicherweise in mehreren Ländern, unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des Landes, in dem sich die Niederlassung des Arbeitgebers befindet oder, falls eine solche nicht vorhanden ist, dem Wohnsitz oder dem üblichen Aufenthaltsort des Arbeitgebers.
Um etwaige Unsicherheiten zu minimieren, empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag von der Rechtswahlmöglichkeit Gebrauch zu machen. Es kann jedoch nicht eine beliebige ausländische Rechtsordnung gewählt werden. Vielmehr kann entweder das Recht am Arbeitsort oder am Sitz bzw. der Niederlassung des Arbeitgebers für anwendbar erklärt werden.
Unklarheiten vermeiden
Da mit dem Arbeitsort verschiedene Aspekte des Arbeitsverhältnisses beeinflusst werden, sollten im Arbeitsvertrag gewählte Formulierung in Bezug auf den Arbeitsort bzw. die Mobilitätsklausel so präzise und bestimmt wie möglich ausgestaltet sein, um im Einzelfall Unklarheiten zu vermeiden. Gerne stehen wir Ihnen beratend zur Seite.
Quelle: Roland Müller/Céline Hofer/Manuel Stengel: Der Arbeitsort und Arbeitsweg, in: AJP 4/2015 S. 564-578