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Da erhebliche Mittel der öffentlichen Hand für den Bereich Alterspflege aufgewendet werden, wird der Rechnungslegung, Rechnungsführung und der Kostentransparenz der betreffenden Institutionen vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Kostentransparenz im Bereich der Alters- und Pflegeheime wird unter anderem aufgrund des Taxfestsetzungsprozesses von der öffentlichen Hand (mehrheitlich Kantone) gefordert.
Ein probates Mittel ist die Verpflichtung, ihre Rechnung nach anerkannten und einheitlichen Rechnungslegungsgrundsätzen und -prinzipien zu legen. Der Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER, insbesondere FER 21 Rechnungslegung für gemeinnützige, soziale Non-Profit-Organisationen, bietet sich hierbei an.
Welche Punkte zu beachten sind, zeigen wir nachfolgend am Beispiel eines Alters- und Pflegeheims auf.
Das Amt für soziale Sicherheit des Kantons Solothurn hat ein Reglement über die Rechnungslegung sowie die Kostenrechnung und Leistungsstatistik für Alters- und Pflegeheime im Kanton Solothurn erarbeitet und dieses per 1. Januar 2020 in Kraft gesetzt. Es wurde eine Abstufung nach der Grösse der Institution gemacht, die bestimmt, welche Rechnungslegungsvorschriften gelten.
Kleine Organisationen können ihre Jahresrechnung weiterhin nach Obligationenrecht erstellen. Nicht mehr gestattet sind die Bildung und die Weiterführung von stillen Reserven. Diese sind aufzulösen. Kraft dieses erwähnten Reglements werden die entsprechenden Artikel 960a sowie 960e jeweils Ziffer 4 als nicht mehr zulässig erklärt. Eine freiwillige Anwendung von Swiss GAAP FER sowie FER 21 steht diesen Organisationen frei.
Mittlere Organisationen werden verpflichtet, ihre Jahresrechnung nach den Fachempfehlungen zur Rechnungslegung Swiss GAAP FER zu erstellen. Anzuwenden sind dabei mindestens die Kern-FER (Rahmenkonzept sowie FER 1 - 6) sowie FER 21 (Vorschriften für gemeinnützige, soziale Non-Profit-Organisationen).
Grosse Organisationen werden verpflichtet, ihre Jahresrechnung nach dem umfassenden Regelwerk der Swiss GAAP FER zu erstellen. Dabei sind auch die Bestimmung von FER 21 (Vorschriften für gemeinnützige, soziale Non-Profit-Organisationen) einzuhalten.
Dieses Beispiel des Reglements des Kantons Solothurn zeigt die Möglichkeiten eines Leistungsbestellers der öffentlichen Hand, die Anforderungen nach Vergleichbarkeit und Transparenz in den Jahresrechnungen durchzusetzen.
Knacknüsse bei der Umstellung auf Swiss GAAP FER 21
Zeitplan der Umstellung
Es bietet sich an, die Umstellung des Rechnungslegungsstandards frühzeitig in Angriff zu nehmen. Die Vergleichsperiode in der Bilanz muss dargestellt werden. Diese entspricht der Eröffnungsbilanz nach Vornahme der Neubewertungen. Es ist daher möglich und ratsam, bereits im Jahr der Umstellung, oder sogar davor, mit den Umstellungsarbeiten zu beginnen. Dies bringt uns zum nächsten Punkt mit erhöhtem Arbeitsbedarf.
Neubewertungen
Eine Jahresrechnung nach Swiss GAAP FER soll ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln. Daher ist die Bewertung so vorzunehmen, dass keine stillen Reserven (zu tiefe Aktiv- und zu hohe Passivpositionen) enthalten sind. Üblicherweise entsteht bei der Ermittlung der Werte nach Swiss GAAP FER der Sachanlagen ein erheblicher Aufwand. Die Sachanlagen werden zu Anschaffungskosten, abzüglich den betriebsnotwendigen jährlichen linearen Abschreibungen bilanziert. Die Bilanzierung zu Marktwerten ist lediglich bei Renditeobjekten zulässig.
Nun gilt es, die historischen Anschaffungskosten der noch in Betrieb stehenden Anlagen zu ermitteln. Diesen werden die Nutzungsdauern nach Swiss GAAP FER (oftmals werden in kantonalen Reglementen und Verordnungen Vorgaben zu Nutzungsdauern und Aktivierungsgrenzen gemacht) zugrunde gelegt und der betriebswirtschaftliche Restwert wird ermittelt. Die Differenz zum aktuellen Buchwert ergibt die Bewertungsdifferenz. Diese wird als Restatement per 1. Januar des Umstellungsjahres direkt im Eigenkapital (Positionen Neubewertungsreserven) verbucht.
Einen Knackpunkt stellen möglicherweise in der Vergangenheit als Schenkung erhaltene Grundstücke dar. Hierbei ist ein Kauf- oder marktüblicher Quadratmeter-Preis zum Zeitpunkt der Schenkung zu verwenden.
Rückstellungen und Fonds/Fondskapital vs. Eigenkapital nach FER 21
Die bestehenden Rückstellungen sind kritisch zu hinterfragen. Es sind nur noch jene Positionen zulässig, die den Vorgaben von Swiss GAAP FER entsprechen. Dies bedeutet: Ereignis in der Vergangenheit, wahrscheinlicher Mittelabfluss in der Zukunft und Verlässlichkeit der Schätzung möglich. Positionen, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden aufgelöst. Es kann sein, dass in der Vergangenheit gebildete Reservepositionen oder Fonds unter den Rückstellungen bilanziert sind. Diese Positionen werden neu unter Swiss GAAP FER 21 im Fonds- oder im Organisationskapital ausgewiesen.
Wie wird unterschieden, ob eine Position im Fondskapital oder im Organisationskapital dargestellt wird?
Fondskapital: Ein zweckgebundener Fonds entsteht entweder aus einer expliziten Bestimmung des Zuwenders oder aus den Umständen der Zuwendung, die eine Zweckbindung durch den Zuwender implizieren. Eine solche Zweckbindung besteht namentlich für Mittel, die aus einer Sammelaktion oder einer Spende für einen spezifischen Zweck stammen.
Organisationskapital: Mittel, welchen die Organisation selbst einen Verwendungszweck auferlegt, sind als gebundenes Kapital innerhalb des Organisationskapitals auszuweisen. Dies gilt z.B. für einen «Fonds Jubiläum 2025» oder «Fonds Projektentwicklung».
Zusätzliche Angaben
Weitere Teile der Jahresrechnung, die vermutlich bisher in einem Abschluss nach OR nicht berücksichtigt wurden, sind eine Rechnung über die Veränderung des Kapitals, eine Geldflussrechnung und ein Sachanlagespiegel.
Nach Swiss GAAP FER 21 sind zudem unter anderem der Gesamtbetrag aller Vergütungen an Mitglieder des obersten Leitungsorgans (z.B. Vorstand, Verwaltungs- oder Stiftungsrat) sowie der Gesamtbetrag aller Vergütungen, die an die Geschäftsleitung ausgerichtet wurden, offenzulegen. Sollte jedoch nur eine Person mit der Geschäftsführung betraut sein, kann auf die Offenlegung von deren Vergütung verzichtet werden. Darauf ist dann im Anhang hinzuweisen.
Fazit
Aufgrund der gestiegenen Anforderungen an die Vergleichbarkeit und die Transparenz ist zu erwarten, dass weitere Kantone dem Beispiel von Solothurn folgen und einen Abschluss nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard einfordern werden. Swiss GAAP FER mit dem FER 21 für gemeinnützige, soziale Non-Profit-Organisationen bietet sich hierbei an.
Eine Umstellung ist unter Berücksichtigung einiger Knackpunkte machbar. Unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie gerne dabei.