Teilzeitarbeit – die 12 wichtigsten Punkte
Teilzeitarbeit – die 12 wichtigsten Punkte
In der Schweiz arbeiten immer mehr Personen Teilzeit. Bei den Frauen sind es 58,6 Prozent, bei den Männern 17,5 Prozent1. Wo liegen die Unterschiede zwischen der vollen Erwerbstätigkeit und Arbeit in einem Teilzeitpensum? Wie wird der Ferienlohn berechnet? Wie werden die Sozialversicherungen abgerechnet? Wir zeigen, auf welche Punkte bei Teilzeitarbeit zu achten ist und wo die Fallstricke liegen.
Eine erwerbstätige Person gilt als teilzeitangestellt, wenn sie in einem Pensum von weniger als 90 Prozent arbeitet. Bei geringen Arbeitspensen sind die Arbeitnehmer oft nicht nur bei einem einzigen Arbeitgeber angestellt. Die Abwicklung solcher Arbeitsverhältnisse bergen in der Praxis einige Stolpersteine.
1. Gesetzliche Grundlagen für die Teilzeitarbeit
Grundsätzlich sind Teilzeitangestellte den Vollzeitmitarbeitern gleichgestellt. Die Teilzeitarbeit an sich ist nicht explizit im Gesetz geregelt. Auch gibt es unterschiedliche Modelle der Teilzeitarbeit: Echte Teilzeitarbeit2 mit wiederholten regelmässigen oder unregelmässigen Einsätzen oder unechte Teilzeitarbeit3 mit oder ohne Einsatzpflichten für Kurzeinsätze (Arbeit auf Abruf). Je nach Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses besteht ein unterschiedlicher Regelungsbedarf. So ist bei der echten Teilzeitarbeit darauf zu achten, dass die Einsatzzeiten korrekt geregelt werden. Bei der unechten Teilzeitarbeit bedarf die Ausgestaltung der Einsatzpflicht besonderen Augenmerks. Im Folgenden beschreiben wir vor allem die echte Teilzeitarbeit.
2. Wie wird der Lohn bei Teilzeitangestellten ausbezahlt?
Die Modalität der Auszahlung des Lohnes an sich qualifiziert ein Arbeitsverhältnis noch nicht als Vollzeit oder Teilzeit. Auch Vollzeitbeschäftigte können ihren Lohn grundsätzlich als Stundenlohn ausbezahlt bekommen. Im Gegenzug können Teilzeitangestellte ihren Lohn als Monatslohn erhalten.
Die Auszahlung eines fixen Monatslohns empfiehlt sich insbesondere bei der echten Teilzeitarbeit mit regelmässigem Arbeitspensum. Im Arbeitsvertrag wird ein bestimmtes Pensum vereinbart, die zu leistenden Arbeitsstunden werden festgehalten und der Lohn wird als Monatslohn ausgestaltet.
3. Wie wird der Ferienlohn bei Teilzeitangestellten ausgerichtet?
Der Ferienlohn ist für Teilzeitangestellte im Monatslohn während den Ferien zu bezahlen bzw. der ordentliche Lohn läuft während dem Ferienbezug einfach weiter. Darum ist es grundsätzlich nicht statthaft, den Lohn für die Ferienzeit in die regulären Lohnzahlungen einzurechnen bzw. diesen zuzuschlagen. Die Ferienzeit ist explizit zu bezahlen, damit der Arbeitnehmende bezahlte Ferienzeit geniessen und sich erholen kann.
In der Praxis ist allerdings oft zu beobachten, dass mit Teilzeitangestellten im Stundenlohn ein Lohn pro Stunde, je nachdem inkl. 13. Monatslohn, Ferienlohn und manchmal sogar inkl. Feiertagslohn vereinbart und mit jeder Lohnzahlung entrichtet wird. Gewisse Arbeitgeber weisen den auf die Ferien entfallenden Lohn dabei pauschal mit der Bemerkung: «inkl. Ferienentschädigung» auf der Lohnabrechnung aus. Bei diesem Vorgehen besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber die bis dahin noch nicht verjährten Ferienentschädigungen nochmals entrichten muss. Die Verjährung von Ferien beträgt übrigens fünf Jahre.
Einzig bei Teilzeitarbeit mit stark unregelmässigem Arbeitseinsatz oder im Falle eines sehr kurzen Arbeitseinsatzes lassen die Gerichte zu, dass die «Ferienentschädigung» bei jeder Lohnzahlung in Form eines prozentualen oder betragsmässigen Zuschlages zum Lohn ausgerichtet wird. Sie beträgt bei einem Ferienanspruch von vier Wochen 8,33 Prozent, bei fünf Wochen 10,63 Prozent des ausgerichteten Lohnes. Die Ausweisung der Ferienentschädigung hat nach der geltenden Rechtsprechung zudem zwingend in jeder Lohnabrechnung zu erfolgen. Der Ferienzuschlag muss auf der Lohnabrechnung somit aus Transparenzgründen mit Angabe des Prozentsatzes und in Franken und Rappen gesondert ausgewiesen sein.
4. Wann haben Teilzeitangestellte Feiertage zu gut?
Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf einen Feiertag, wenn er in ihre Arbeitszeit fällt. Fallen Feiertage auf Werktage, an denen der Teilzeitarbeitnehmende üblicherweise nicht tätig ist, besteht kein Anspruch auf entsprechende Freizeit. Wenn eine Arbeitnehmerin beispielsweise regelmässig am Montag arbeitet, ist ihr der Ostermontag so zu entschädigen wie wenn sie ordentlich gearbeitet hätte.
Einzig für den Nationalfeiertag (1. August), der von Gesetzes wegen den Sonntagen gleichgestellt ist, besteht eine Lohnfortzahlungspflicht im Umfang des Beschäftigungsgrades (Art. 20a ArG).
Wenn die Teilzeitarbeit nicht zum Voraus fest vereinbart ist, sondern stets durch wechselnde Einsatzpläne durch den Arbeitgeber fixiert wird, so verhält es sich wie folgt: Der Teilzeitarbeitende hat im Monatslohn pro Feiertag, an dem er nicht eingesetzt wird, so viele Prozente seines Lohnes zugute, wie es seinem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad entspricht.
5. Wie viele Stunden pro Tag erhält ein Teilzeitangestellter bei Krankheit gutgeschrieben?
Die Frage nach der Regelung von Absenzen infolge Krankheit oder Unfall bei Teilzeitangestellten sind recht häufig. Es gibt zwei zulässige Möglichkeiten, wobei nach der hier vertretenen Auffassung die zweite Variante vorzuziehen ist.
Bei der ersten Variante wird dem Arbeitnehmer seine dem Pensum entsprechende (reduzierte) Sollarbeitszeit gutgeschrieben. Dies führt bei einer Absenz von wenigen Tagen dazu, dass der Arbeitnehmer eine «Minuszeit» aufweisen kann. Bei längerer Abwesenheit von einer Woche und mehr hingegen, gleicht sich dies wieder aus. Zudem führt diese Regelung dazu, dass der Arbeitnehmer Krankheiten auch an seinen arbeitsfreien Tagen melden muss.
Die Handhabung in der Praxis bietet viele Stolpersteine, weshalb die zweite Variante zu empfehlen ist: Hier wird bei Krankheit und Unfall die jeweils tatsächlich zu leistende Arbeitszeit an diesem Tag gutgeschrieben. Der Arbeitnehmer ist damit auch bei kurzer Arbeitsunfähigkeit nicht benachteiligt und muss an seinen arbeitsfreien Tagen kein Arztzeugnis vorlegen.
6. Wie verhält es sich bei Kurzabsenzen infolge Hochzeit, Geburt oder Todesfall in der Familie mit der Arbeitszeit bei Teilzeitangestellten?
Wie viel Teilzeitbeschäftigte für diese Ereignisse gutgeschrieben erhalten, hängt vom gewählten Modell der Arbeitszeiterfassung ab: Werden dem Arbeitnehmenden die fixen Arbeitstage im Zeiterfassungssystem erfasst oder wird die (reduzierte) Sollarbeitszeit dem Pensum entsprechend auf die ganze Woche verteilt? Bei der ersten Variante werden Ereignisse, welche auf einen gewöhnlichen Arbeitstag fallen, auch in diesem Umfang gutgeschrieben. Bei der zweiten Variante werden die Ereignisse, ungeachtet ob diese auf einen gewöhnlichen Arbeitstag fallen, im Umfang der reduzierten Sollarbeitszeit gutgeschrieben.
Zu beachten ist allerdings, dass es Teilzeitarbeitenden in der Regel oftmals zuzumuten ist, ihre Privatangelegenheiten (auch Zahnarztbesuche, Behördengänge oder nichtdringliche Arztbesuche) ausserhalb der Arbeitszeit zu erledigen.
7. Können bzw. müssen Teilzeitangestellte Überstunden leisten?
Grundsätzlich gilt jede über dem vereinbarten Pensum geleistete Arbeitsstunde als Überstunde - das gilt auch für Teilzeitangestellte. Arbeitnehmende sind verpflichtet, Überstunden zu leisten, soweit diese notwendig und zumutbar sind. Arbeitet eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer mit dem Wissen und Einverständnis ihrer Arbeitgeberin zusätzlich für einen anderen Arbeitgeber, ist die Leistung von Überstunden unter Umständen nicht zumutbar, da sie anderweitige Verpflichtungen hat.
8. Wie berechnet sich der Ferienanspruch bei Teilzeitangestellten?
Es empfiehlt sich, im Arbeitsvertrag den Ferienanspruch bezogen auf ein Vollzeitpensum zu vereinbaren und gleichzeitig festzuhalten, wie hoch dieser in Bezug auf das vereinbarte Arbeitspensum ist. Ein Beispiel: Für eine Woche Ferien werden dem Vollzeitangestellten fünf Ferientage von seinem Guthaben in Abzug gebracht. Bei einem Arbeitnehmer in einem 60-Prozent-Pensum werden für diese Woche Ferien lediglich 3 Tage von seinem Ferienguthaben abgezogen. Es ist natürlich auch möglich, den Ferienanspruch in Stunden zu führen.
Gehen Teilzeitangestellte mehreren Stellen nach, sollte vom Arbeitgeber wenn möglich auch berücksichtigt werden, dass die Ferien bei allen Arbeitsverhältnissen gleichzeitig bezogen werden können. Der Teilzeitangestellte hat dem Arbeitgeber die hierfür notwendigen Informationen rechtzeitig zukommen zu lassen.
Wichtig zu wissen: Auch bei einem Teilzeitangestellten dienen die Ferien dazu, sich zu erholen. Es ist somit nicht zulässig, währen den Ferien Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten zu leisten.
9. Darf der Teilzeitarbeitnehmende mehrere Stellen haben?
Grundsätzlich ist es erlaubt, mehrere Arbeitgeber zu haben. Die verschiedenen Tätigkeiten dürfen die jeweiligen Arbeitgeber jedoch nicht konkurrenzieren. Es besteht eine Treuepflicht gegenüber jedem Arbeitgeber. Bei Teilzeitangestellten sollte im Arbeitsvertrag eine schriftliche Informations- und Meldepflicht für weitere Beschäftigungen enthalten sein. Diese Informationen sind für den Arbeitgeber hinsichtlich korrekter Einsatzplanung des Arbeitsverhältnisses notwendig, insbesondere im Bereich Arbeitsgesetz (siehe nächste Frage).
10. Gilt das Arbeitsgesetz auch für Teilzeitangestellte?
Ja. Untersteht das Arbeitsverhältnis dem Arbeitsgesetz, sind dessen Vorschriften auch für Teilzeitangestellte einzuhalten. Das betrifft insbesondere die Einhaltung der Pausenregelungen, die Vorschriften zu Nacht- oder Sonntagsarbeit und insbesondere auch die Einhaltung der Höchstarbeitszeit.
Für die Einhaltung des Arbeitsgesetzes ist die Arbeitgeberin verantwortlich. Sie kann diese Verantwortung nicht auf den Arbeitnehmer delegieren. Damit die Einhaltung der Vorschriften überprüft werden kann, sollte mit dem Arbeitnehmer eine Informations- und Meldepflicht vertraglich vereinbart werden. Nur wenn die Arbeitgeberin Informationen über alle Arbeitsverhältnisse und die insgesamt geleistete Arbeitszeit erhält, kann sie die Einhaltung der Höchstarbeitszeiten sowie der weiteren Vorschriften des Arbeitsgesetzes überwachen.
11. Was ist bei der Unfallversicherung zu beachten?
Wird ein Arbeitnehmer infolge eines Unfalls arbeitsunfähig, springt die obligatorische Unfallversicherung UVG ein. Diese deckt Berufsunfälle und in der Regel auch Nichtberufsunfälle. Wer allerdings weniger als acht Stunden pro Woche bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist, ist nur für Berufsunfälle und Unfälle auf dem Arbeitsweg versichert. Bei der Berechnung der Minimalgrenze von wöchentlich acht Stunden sind nicht die vertraglichen Vereinbarungen, sondern die konkret vor dem Unfall geleisteten Arbeitsstunden massgebend. Wer weniger als acht Stunden bei einem Arbeitgeber arbeitet, muss die Nichtberufsunfalldeckung über seine private Krankenkasse einschliessen. Diese bezahlt jedoch kein Taggeld, sondern übernimmt lediglich die Heilungskosten. Ein Taggeld müsste separat versichert werden.
Die Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung treten vollständig anstelle der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers, sofern die Leistungen mindestens 80 Prozent des Lohnes betragen. Ist die Auszahlung geringer, so hat der Arbeitgeber die Differenz bis 80 Prozent für die beschränkte Zeit gemäss Art. 324a OR und den bekannten Lohnfortzahlungsskalen4 zu entrichten. Dies, sofern die Arbeitsverhinderung durch den Arbeitnehmer nicht schuldhaft herbeigeführt wurde und das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangenen wurde.
12. Wie sieht die Vorsorgesituation in der Pensionskasse bei Teilzeitbeschäftigten aus?
Ein Obligatorium für die berufliche Vorsorge besteht für Arbeitsverhältnisse mit einem Jahreslohn von aktuell mindestens CHF 21'330 (Stand 2019) bei einem Arbeitgeber. Teilzeitarbeitende erreichen diese Eintrittsschwelle oftmals nicht. Es gibt jedoch Möglichkeiten, um sich dennoch versichern lassen zu können. Unter Umständen versichert die Pensionskasse eines Arbeitgebers auch tiefere Einkommen freiwillig oder es werden die Einkommen verschiedener Arbeitgeber zusammen bei einer Pensionskasse versichert. Besteht diese Möglichkeit nicht, ist ein freiwilliger Beitritt zur Auffangeinrichtung BVG zu prüfen. Teilzeitbeschäftigte tun gut daran, ihre Vorsorgesituation genau zu prüfen und sich beraten zu lassen.
Schlussfolgerungen
Teilzeitarbeit ist heute sehr weit verbreitet. Bei den Männern nimmt deren Anteil vor allem bei jungen Familien laufend zu (1991: 7,8 Prozent, 2017: 17,5 Prozent). Rechtlich ergeben sich aus der Natur von Teilzeitarbeitsverhältnissen gewisse Besonderheiten, die in der Praxis - wie aufgezeigt - mannigfaltige Herausforderungen darstellen können.
Eine allgemeingültige arbeitsvertragliche Lösung «ab der Stange» dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach Wunschdenken bleiben, zu unterschiedlich sind nach unserer Erfahrung die gestellten Anforderungen und Interessen der Parteien im Einzelfall. BDO verfügt auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts über ausgewiesene Fachspezialisten sowie Juristinnen und Juristen mit langjähriger Berufserfahrung, die Ihnen gerne bei der Erarbeitung einer massgeschneiderten Lösung zur Seite stehen.
1 Bundesamt für Statistik: Teilzeitarbeit 2017
2 Bei der echten Teilzeitarbeit handelt es sich um zum Voraus vereinbartes Teilzeitpensum oder um unregelmässige Arbeit. Es besteht ein einziges fortdauerndes Arbeitspensum.
3 Bei der unechten Teilzeitarbeit wird Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit geleistet. Es handelt sich nicht um ein fortdauerndes Arbeitsverhältnis, sondern um eine Folge von in sich geschlossenen Arbeitsverhältnissen.
4 Zürcher-, Berner- und Basler-Skala