Durch die Anpassung der Verordnung über die sozialen Leistungsangebote (SLV) per 1. Januar 2022 sind beispielsweise im Kanton Bern sämtliche Heime im Bereich Pflege, Behinderung und Sucht sowie sämtliche Spitex-Organisationen verpflichtet, die Jahresrechnung nach Swiss GAAP FER zu erstellen. Da es sich bei den allermeisten Heimen und Spitex-Organisationen um Non-Profit-Organisationen handelt, bedeutet dies, dass Swiss GAAP FER 21 (Rechnungslegung für gemeinnützige Non-Profit-Organisationen) zur Anwendung kommt.
Ob die Verpflichtung für Institutionen sinnvoll ist, die Jahresrechnung nach Swiss GAAP FER darzustellen, bleibt ein Fragezeichen, zumal gerade Alters- und Pflegeheime (Curaviva), wie auch Spitex-Organisationen (Spitex-Finanzmanual), bereits über detaillierte Richtlinien zur Führung einer Kosten- und Leistungsrechnung verfügen. Eine Kosten- und Leistungsrechnung sollte immer möglichst verursachergerecht und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend aufgebaut sein. Zudem ist eine Kosten- und Leistungsrechnung viel transparenter und aussagekräftiger als eine Jahresrechnung.
Wir durften mehrerer Heime und Spitex-Organisationen im Kanton Bern bei der Umstellung begleiten und sind dabei auf diverse wichtige Fragestellungen und Stolpersteine gestossen.
Sofern dies so möglich ist, ist zusätzlich zu beachten, dass im Geschäftsjahr vor der Umstellung eventuell zwei Abschlüsse zu erstellen sind (nach OR und nach Swiss GAAP FER), da unter Umständen von der Stetigkeit abgewichen wird.
Dies ist nicht immer möglich, da Bewertungen nach Swiss GAAP FER teilweise von den handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen abweichen können. Zudem ist zwingend ein zweiter Jahresabschluss zu erstellen, wenn die Organisation steuerpflichtig ist. Das Massgeblichkeitsprinzip besagt, dass die handelsrechtliche Jahresrechnung als steuerliche Bemessungsgrundlage gilt. Es besteht somit die Gefahr, dass aufgrund der nach True & Fair View erstellten Jahresrechnung ein zu hoher Gewinn und ein zu hohes Kapital versteuert wird.
Zusätzlich stellt sich die Frage, wie die Neubewertungsreserven schnellstmöglich aufgelöst werden können, um diese nicht länger in der Bilanz zeigen zu müssen. Da es sich um Gewinnreserven handelt, ist es ein gangbarer Weg, diese jährlich in der Höhe der durchschnittlich gebildeten stillen Reserven auf die Gewinnreserven zu übertragen. Dies kann aber nicht abschliessend beurteilt werden und ist im Einzelfall genau zu klären. Zudem ist dieser interne Transfer in der Rechnung über die Veränderung des Kapitals auszuweisen.
(Zweckgebundenes) Fondskapital besteht aus Mitteln, deren Zweck von Dritten bestimmt wurde und die Verwendung diesem Zweck unterliegt. Es besteht somit eine Verpflichtung, diese Fondsgelder dem Zweck entsprechend einzusetzen, weshalb das zweckgebundene Fondskapital zwischen Fremdkapital und Eigenkapital einzuordnen ist. Es stellt kein Eigenkapital dar, weil über diese Mittel nicht frei verfügt werden kann. Demgegenüber handelt es sich bei den freien Fonds (resp. beim freien Kapital) um Fonds aus Mittel, die entweder keinen von Dritten auferlegten Verwendungszweck haben, oder die einen von der Organisation selbst auferlegten Verwendungszweck besitzen.
Weitere Informationen zu Swiss GAAP FER 28 sind in unserem Newsletter-Beitrag vom November 2022 zu finden (Neue Fachempfehlung Swiss GAAP FER 28 - BDO).
Erwägen Sie eine Umstellung auf Swiss GAAP FER oder die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung? Unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie gerne dabei.
Tatsächliche Verhältnisse
Die Idee zu dieser Verpflichtung liegt darin, dass durch die Anwendung von Swiss GAAP FER ein Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (True & Fair View) vermittelt wird, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Dies bedeutet vorwiegend, dass keine stillen Reserven vorhanden sein dürfen, wie es z.B. bei der Rechnungslegung nach Obligationenrecht möglich ist. Zusätzlich sind auch die Darstellung der Jahresrechnung sowie weitere ausführende Angaben im Anhang detailliert geregelt.Ob die Verpflichtung für Institutionen sinnvoll ist, die Jahresrechnung nach Swiss GAAP FER darzustellen, bleibt ein Fragezeichen, zumal gerade Alters- und Pflegeheime (Curaviva), wie auch Spitex-Organisationen (Spitex-Finanzmanual), bereits über detaillierte Richtlinien zur Führung einer Kosten- und Leistungsrechnung verfügen. Eine Kosten- und Leistungsrechnung sollte immer möglichst verursachergerecht und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend aufgebaut sein. Zudem ist eine Kosten- und Leistungsrechnung viel transparenter und aussagekräftiger als eine Jahresrechnung.
Wir durften mehrerer Heime und Spitex-Organisationen im Kanton Bern bei der Umstellung begleiten und sind dabei auf diverse wichtige Fragestellungen und Stolpersteine gestossen.
Was muss bei einer Umstellung beachtet werden?
Swiss GAAP FER schreibt vor, dass zum Zeitpunkt der Umstellung die Vorjahresbilanz ebenfalls nach dem neu vorgesehenen Regelwerk offenzulegen ist. Da somit Anpassungen im Vorjahr notwendig werden, stellt sich die Frage, ob die stillen Reserven bereits aufgelöst werden sollen, auch wenn erst im Folgejahr auf Swiss GAAP FER umgestellt wird. Mit einer frühzeitigen Auflösung der stillen Reserven kann bereits ein ganzes Jahr vollständig nach Swiss GAAP FER verbucht werden, was die gesamte Umstellung deutlich erleichtert. Je nach Vorgaben der Behörden ist dies aber leider nicht immer so umsetzbar.Sofern dies so möglich ist, ist zusätzlich zu beachten, dass im Geschäftsjahr vor der Umstellung eventuell zwei Abschlüsse zu erstellen sind (nach OR und nach Swiss GAAP FER), da unter Umständen von der Stetigkeit abgewichen wird.
Dualer Abschluss oder zwei separate Abschlüsse?
Wenn möglich sollte vorgesehen werden, künftig weiterhin nur einen Jahresabschluss zu erstellen, der sowohl nach den handelsrechtlichen Grundsätzen (OR) und Statuten wie auch nach Swiss GAAP FER erstellt wird (sogenannter dualer Abschluss).Dies ist nicht immer möglich, da Bewertungen nach Swiss GAAP FER teilweise von den handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen abweichen können. Zudem ist zwingend ein zweiter Jahresabschluss zu erstellen, wenn die Organisation steuerpflichtig ist. Das Massgeblichkeitsprinzip besagt, dass die handelsrechtliche Jahresrechnung als steuerliche Bemessungsgrundlage gilt. Es besteht somit die Gefahr, dass aufgrund der nach True & Fair View erstellten Jahresrechnung ein zu hoher Gewinn und ein zu hohes Kapital versteuert wird.
Bewertung der Sachanlagen
Bei den Sachanlagen sind meistens die höchsten Anteile an stillen Reserven zu finden, vor allem im Bereich der immobilen Sachanlagen. Bei älteren Betriebsliegenschaften besteht oft das Problem, dass der Anschaffungswert nicht mehr nachverfolgt werden kann. Bei Stiftungen ist es zudem keine Seltenheit, dass sie (bebaute) Grundstücke als naturale Spende bei der Gründung erhalten haben. Diese beiden Aspekte machen es unerlässlich, eine objektive Verkehrswertschätzung vornehmen zu lassen, um einen verlässlichen Wert nach Swiss GAAP FER zu eruieren.Neubewertungsreserven
Sämtliche bei der Umstellung auf Swiss GAAP FER erzielten Gewinne und Verluste aus der Auf- resp. Abwertung von Aktiven und Passiven werden in die Neubewertungsreserven verbucht. Nach Swiss GAAP FER ist nicht vorgesehen, diese Neubewertungsreserven künftig aufzulösen. Grundsätzlich stellen diese gemäss Swiss GAAP FER 24 Gewinnreserven resp. freie Reserven dar und können somit frei verwendet werden. In den meisten Fällen werden diese jedoch weiter Jahr für Jahr als Neubewertungsreserven ausgewiesen.Zusätzlich stellt sich die Frage, wie die Neubewertungsreserven schnellstmöglich aufgelöst werden können, um diese nicht länger in der Bilanz zeigen zu müssen. Da es sich um Gewinnreserven handelt, ist es ein gangbarer Weg, diese jährlich in der Höhe der durchschnittlich gebildeten stillen Reserven auf die Gewinnreserven zu übertragen. Dies kann aber nicht abschliessend beurteilt werden und ist im Einzelfall genau zu klären. Zudem ist dieser interne Transfer in der Rechnung über die Veränderung des Kapitals auszuweisen.
Fondskapital vs. Organisationskapital
Nach Swiss GAAP FER 21 existiert in den Passiven nebst den kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten und Rückstellungen (Fremdkapital) sowie dem Organisationskapital auch das Fondskapital. Es ist nicht immer auf den ersten Blick eindeutig, ob ein Fonds dem Fondskapital oder dem Organisationskapital zuzuweisen ist. Dies wird oft erst klar, nachdem die Frage nach dem Verwendungszweck beantwortet wird.(Zweckgebundenes) Fondskapital besteht aus Mitteln, deren Zweck von Dritten bestimmt wurde und die Verwendung diesem Zweck unterliegt. Es besteht somit eine Verpflichtung, diese Fondsgelder dem Zweck entsprechend einzusetzen, weshalb das zweckgebundene Fondskapital zwischen Fremdkapital und Eigenkapital einzuordnen ist. Es stellt kein Eigenkapital dar, weil über diese Mittel nicht frei verfügt werden kann. Demgegenüber handelt es sich bei den freien Fonds (resp. beim freien Kapital) um Fonds aus Mittel, die entweder keinen von Dritten auferlegten Verwendungszweck haben, oder die einen von der Organisation selbst auferlegten Verwendungszweck besitzen.
Was gehört in den Anhang?
Nebst den gesetzlich vorgeschriebenen Angaben sind im Anhang nach Swiss GAAP FER 6 und evtl. Swiss GAAP FER 21 weitere detaillierte Angaben notwendig. Dies sieht bei der erstmaligen Erstellung nach sehr viel Zusatzaufwand aus, ist jedoch grösstenteils Initialaufwand. So muss der Anhang in den Folgejahren meistens nur noch aufgrund der neuen Werte überarbeitet werden, wohingegen sich die Struktur grundsätzlich nicht mehr verändert.Swiss GAAP FER 28 - Zuwendungen der öffentlichen Hand
Obwohl die neue Fachempfehlung 28 erst per 1. Januar 2024 in Kraft tritt, sollte sie bei Umstellungen bereits jetzt angewendet werden, um eine erneute Anpassung in den Folgejahren zu vermeiden.Weitere Informationen zu Swiss GAAP FER 28 sind in unserem Newsletter-Beitrag vom November 2022 zu finden (Neue Fachempfehlung Swiss GAAP FER 28 - BDO).
Fazit
Eine erstmalige Anwendung der Swiss GAAP FER ist frühzeitig zu planen, um zusätzlichen Aufwand zu vermeiden. Meist erscheint die Umstellung mit sehr viel Aufwand verbunden, ist aber bei genauer Betrachtung in einem vertretbaren Rahmen umzusetzen. Ob eine Umstellung auf Swiss GAAP FER sinnvoll ist, sofern es sich um keine Verpflichtung handelt, ist vorgängig zu hinterfragen und abzuwägen. Bereits eine sorgfältig geführte Kostenrechnung zeigt nach Verbuchung der sachlichen Abgrenzungen die tatsächlichen Verhältnisse auf. Zusammen mit den Bewertungsgrundsätzen, die vom Stiftungsrat definiert wurden (insbesondere in Bezug auf die Nutzungsdauer beim Sachanlagevermögen) und in einem Anlagereglement festgehalten werden, erweist sich dies in der Regel als ausreichend.Erwägen Sie eine Umstellung auf Swiss GAAP FER oder die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung? Unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie gerne dabei.