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Ausgezeichnetes «Time-to-Market» im Emissionsprozess, flexibles Produktdesign und tagesaktuelles Reporting: Mit diesen und weiteren Argumenten werben Emittenten bisweilen für Actively Managed Certificates (AMC). Seit einigen Jahren gewinnen AMC ungebremst an Bedeutung. Welche regulatorischen Vorgaben müssen Vermögensverwalter und andere Finanzdienstleister dabei beachten?
Ein Vermögensverwalter, der eine gute Investitions-Idee für einen Vielzahl von Anlegern hat, aber nicht auf die Aufsetzung eines Fonds warten möchte, hat gute Gründe, sich für ein AMC zu entscheiden. Im Gegensatz zum Fonds handelt es sich bei einem AMC aber nicht um eine kollektive Kapitalanlage gemäss Kollektivanlagengesetz, sondern um ein strukturiertes Produkt. Dem AMC fehlt es an gewissen Merkmalen einer kollektiven Kapitalanlage, da der Emittent die Gelder der Anleger in der Bilanz als Fremdkapital verbucht und kein besonders geschütztes (Fonds)vermögen als separates Haftungssubstrat zur Verfügung steht. Eine Legaldefinition von AMC besteht derzeit noch nicht. Die Richtlinien der Schweizer Börse SIX und der Schweizerischen Bankiervereinigung SBVg bezeichnen AMC als Produkte, deren Basiswerte diskretionär verwaltet werden. Dabei kann sich das Produkt auf einen diskretionär verwalteten Basket oder indirekt auf einen darauf basierenden Index als Basiswert beziehen. AMC gibt es als börsenkotierte und nicht-kotierte Varianten. Zivilrechtlich betrachtet handelt es sich bei AMC um Schuldverschreibungen des Emittenten an den Anleger.
Als Emittenten treten hierzulande vor allem Banken und Wertpapierhäuser auf. Ebenfalls eingesetzt werden Sonderzweckgesellschaften (Special Purpose Vehicles, SPV), welche ihren Sitz auch im Ausland haben können. Auch ein SPV gilt es nach den gleichen Grundsätzen von einer kollektiven Kapitalanlage abzugrenzen. Ein ausländisches SPV, welches gemäss dem Recht im Heimatland oder nach Praxis der zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörde als eine kollektive Kapitalanlage qualifiziert, gilt gemäss Praxis der FINMA auch in der Schweiz als (ausländische) kollektive Kapitalanlage.
Potenzielle Interessenkonflikte
Die FINMA gab im Frühling 2021 erste Erfahrungswerte mit den Bewilligungsverfahren für Vermögensverwalter und Trustees bekannt und zeigte insbesondere auf, welche Kriterien dazu führen, dass ein Geschäftsmodell – unabhängig von der Unternehmensgrösse oder dem jährlichen Bruttoertrag – als «high-risk» eingestuft werde. Dazu gehört die Verwendung von eigenen Finanzinstrumenten mit potenziellen Interessenkonflikten – wie u.a. AMC – was zur Folge hat, dass das Risikomanagement und die interne Kontrollfunktion von den ertragsorientierten Tätigkeiten unabhängig organisiert sein muss. Bereits 2018 bildete die Kostentransparenz von strukturierten Produkten eines der Schwerpunkthemen der Aufsichtsbehörde für die Suitability-Aufsicht bei Banken und Wertpapierhäusern, da bei diesen Finanzinstrumenten das Risiko besteht, dass mit dem Produkt auch Kosten verbunden sind, welche gegenüber dem Endanleger nicht transparent ausgewiesen werden. Entsprechend hat der Regulator bei AMC hohe Erwartungen an die Transparenz.
Verwaltung von Kollektivvermögen?
Unterstellungsrechtlich kann sich die Frage stellen, ob ein Vermögensverwalter, der AMC im Wert von über CHF 100 Mio. (resp. CHF 500 Mio. ohne Finanzinstrumente mit Hebelwirkung) verwaltet, nicht mehr als «einfacher» Vermögensverwalter nach Art. 17 FINIG, sondern als Verwalter von Kollektivvermögen nach Art. 24 FINIG qualifiziert. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die eingangs beschriebene Abgrenzungsfrage «strukturiertes Produkt vs. kollektive Kapitalanlage»: die De-Minimis-Regelung von Art. 24 Abs. 2 FINIG (Link) bezieht sich ausdrücklich auf kollektive Kapitalanlagen, was bei AMC grundsätzlich nicht zutrifft. Dennoch besteht aus Sicht von Vermögensverwaltern das «Risiko», dass die Verwaltung von AMC (als fondsähnliches strukturiertes Produkt), deren Werte die De-Minimis-Schwellen überschreiten, dazu führen könnte, künftig als Verwalter von Kollektivvermögen qualifiziert zu werden. Gerade bei AMC, welche in einer ausländischen Jurisdiktion domiziliert sind, können sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, zumal ökonomisch betrachtet die Grenzen zwischen AMC und Fonds fliessend sein können. Erforderlich ist in jedem Fall eine sorgfältige Betrachtung des Einzelfalls unter Würdigung der konkreten Verhältnisse.
Geldwäschereirechtliche Pflichten
Verwaltet der Vermögensverwalter ein AMC, hat er grundsätzlich eine GwG-relevante Geschäftsbeziehung mit dem Emittenten und nicht direkt mit den Anlegern (wobei natürlich unabhängig davon ein Vermögensverwaltungs- oder Anlageberatungsverhältnis mit den Anlegern bestehen kann). Dennoch sollten allfällige mittelbare GwG-Risiken hinsichtlich Anleger, welche in das AMC investieren, nicht gänzlich ausser Acht gelassen werden. Die Identifizierung der Vertragspartei (d.h. des Emittenten) dürfte den Vermögensverwalter vor keine Probleme stellen. Bei der Feststellung des Kontrollinhabers bzw. des wirtschaftlich Berechtigten können sich demgegenüber gewisse Abgrenzungs- und Auslegungsfragen stellen. Handelt es sich beim Emittenten um einen regulierten Finanzintermediär mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland mit einer dem schweizerischen Recht gleichwertigen Aufsicht, muss weder eine Erklärung über den wirtschaftlich Berechtigten noch über den Kontrollinhaber eingeholt werden. Handelt es sich nicht um einen Finanzintermediär bzw. um einen ausländischen Finanzintermediär hingegen schon.
Allein mit der Erfüllung dieser formellen Pflichten wird der Vermögensverwalter die Anleger, welche in das AMC investieren, mitunter nicht kennen bzw. feststellen. Es ist daher im Hinblick auf den Sinn und Zweck der geldwäschereirechtlichen Sorgfaltspflichten anzustreben, auch die materiellen Geldwäschereirisiken bei derartigen fondsähnlichen Produkten zu erfassen und wirksam zu mitigieren. Behelfsmässig könnten bei AMC analog die Regelung zu kollektiven Anlageformen oder Beteiligungsgesellschaften angewendet werden (analog Art. 66 GwV-FINMA):
- Bei 20 oder weniger Investoren müsste der Vermögensverwalter eine Erklärung über die wirtschaftlich berechtigten Personen einholen.
- Bei mehr als 20 Investoren müssten die wirtschaftlich berechtigten Personen ebenfalls festgestellt werden, sofern keine angemessene Aufsicht besteht, was bei ausländischen SPV der Fall sein könnte.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, ob und wie die FINMA ihre Praxis infolge der stetig wachsenden Bedeutung von AMC ändern oder gar verschärfen wird. Unabhängig davon sollten betroffene Vermögensverwalter die regulatorischen Risiken im Zusammenhang mit der Verwaltung von AMC sorgfältig analysieren und im Rahmen der Ausgestaltung ihres internen Kontrollsystems angemessen mitigieren.
BDO Wealth Management News
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