Informationspflichten des Arbeitgebers bei Austritt eines Arbeitnehmers
Informationspflichten des Arbeitgebers bei Austritt eines Arbeitnehmers
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer bei Austritt über die Sozialversicherungen zu informieren. Tut er das nicht, kann es teuer für ihn werden. Etwa dann, wenn dem ehemaligen Arbeitnehmer ein Unfall passiert oder dieser ernsthaft krank wird, bevor er eine neue Stelle antritt.
In Art. 331 Abs. 4 OR ist festgehalten, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über die ihm gegen eine Vorsorgeeinrichtung oder einen Versicherungsträger zustehenden Forderungsrechte den erforderlichen Aufschluss zu erteilen hat. Arbeitnehmende müssen insbesondere während der Kündigungsfrist über ihre Versicherungsdeckung für die Zeit nach dem Austritt informiert werden - unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber gekündigt hat. Kann die Informationspflicht nicht nachgewiesen werden, drohen dem Arbeitgeber je nachdem hohe Schadenersatzzahlungen.
In Bezug auf die Informationspflichten gab es am 3. Juni 2010 einen wichtigen Bundesgerichtsentscheid (BGE 4A_186/2010), der bestätigte, dass die Informationspflicht des Arbeitgebers bei Austritt nebst Pensionskasse (BVG) auch für die Unfall- (UVG) und Krankentaggeldversicherung (KTG) gilt.
In der Praxis taucht in diesem Zusammenhang auch immer wieder die Frage auf, ob die Informationspflicht auch für die AHV-Situation anzuwenden sei. Dem ist nicht so. Der Unterschied liegt hier darin, dass die Versicherungen für BVG, UVG und KTG von einem «individuellen» Reglement bzw. einer Police abhängig sind. Diese kann so oder anders ausgestaltet sein. Bei der AHV hingegen sind die Vorschriften klar und für alle gleich. Einen Hinweis im Rahmen der Informationspflichten bezüglich einer AHV-Nichterwerbstätigenbeitragspflicht ist nicht vorgesehen. Wer dies aber trotzdem macht, erbringt gegenüber seinen Arbeitnehmern - beispielsweise bei einem längeren Krankheitsfall - sicherlich einen wichtigen Zusatznutzen. Damit können je nachdem AHV-Beitragslücken vermieden werden.
Pensionskasse
Arbeitnehmende sind während eines Monats nach Austritt in der bisherigen Pensionskasse gegen die Risiken Tod und Invalidität weiter versichert. Sofern Arbeitnehmende noch keine neue Stelle haben oder noch nicht beim Arbeitslosenamt gemeldet sind, sind diese auf die verschiedenen freiwilligen Weiterversicherungsmöglichkeiten für Einzelpersonen bei der Stiftung Auffangeinrichtung hinzuweisen. Wer davon profitieren möchte, muss die entsprechenden Antragsunterlagen innerhalb von 90 Tagen nach Ausscheiden aus der obligatorischen Versicherung bei der Stiftung Auffangeinrichtung eingereicht haben.
Hat der Arbeitgeber respektive dessen Pensionskasse keine Informationen, wohin ein allfälliges Freizügigkeitsguthaben bei Austritt zu überweisen ist, kann bzw. muss die Pensionskasse die Freizügigkeitsleistung frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach dem Austritt des Arbeitnehmers an die Stiftung Auffangeinrichtung überweisen (Art. 4 Abs. 2 FZG).
Exkurs: Wechsel der Pensionskasse am aktuellen Fall der AXA
Im Rahmen des Ausstiegs des Pensionskassenversicherers AXA aus dem Vollversicherungsmodell haben einige Arbeitgeber über einen Wechsel der Pensionskasse nachgedacht. Was dabei viele nicht bedacht haben, ist die Tatsache, dass für die Auflösung respektive den Wechsel eines bestehenden BVG-Anschlussvertrages gemäss Art. 11 Abs. 3bis BVG die Zustimmung des Personals erforderlich ist. Das Einverständnis des Personals oder einer allfälligen Arbeitnehmervertretung muss ausreichend dokumentiert sein. Die übernehmende (neue) Vorsorgeeinrichtung ist schliesslich verpflichtet zu prüfen, ob zwischen Arbeitgeber und seinem Personal eine Übereinkunft betreffend Wechsel der Vorsorgeeinrichtung besteht.
Unfallversicherung
Arbeitnehmende sind während 31 Tagen nach Austritt beim bisherigen Unfallversicherer gegen Unfall versichert, sofern diese mehr als acht Stunden pro Woche angestellt und beim Arbeitgeber somit gegen die Folgen eines Nichtberufsunfalls (NBUV) versichert waren. Treten Arbeitnehmende erst später eine neue Stelle an oder melden sich diese nicht innert 31 Tagen beim Arbeitsamt, kann für Nichtberufsunfälle beim bisherigen Unfallversicherer eine Abredeversicherung für maximal sechs Monate abgeschlossen werden. Die dazu fällige Prämie muss vor Ablauf der Nachdeckungsfrist bezahlt werden.
Arbeitnehmende, welche von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen möchten, sind darauf hinzuweisen, dass die Unfalldeckung bei ihrer privaten Krankenkasse wieder eingeschlossen werden muss. Die Verordnung zum Unfallversicherungsgesetz hält übrigens in Art. 72 Abs. 2 UVV die entsprechenden Informationspflichten des Arbeitgebers fest. Die Informationen bei Austritt sollten sich sinnvollerweise auch auf allfällige Unfall-Zusatzversicherungen erstrecken.
Wer eine Abredeversicherung abschliesst, ist in der Folge für alle Leistungen gemäss Unfallversicherungsgesetz (UVG) wie beispielsweise Taggeld und Hinterlassenenrenten versichert. Das heisst konkret, dass eine Person mit Abredeversicherung ab dem dritten Tag 80 Prozent des bisherigen Gehalts ausbezahlt erhält, und zwar so lange, wie diese vom Arzt als arbeitsunfähig taxiert wird. Die Abredeversicherung empfiehlt sich nicht nur für austretende Arbeitnehmende ohne genaue Zukunftspläne oder mit einer längeren Lücke bis zum Antritt einer neuen Stelle. Auch bei einem unbezahlten Urlaub (Sabbatical) oder für ausgesteuerte Arbeitslose lohnt sich die Abredeversicherung.
Die Grundversicherung (KVG) der Krankenkasse - als vermeintlich günstigere Alternative zur Abredeversicherung - übernimmt «nur» die Behandlungskosten. Zudem sind bei der Krankenkasse die Franchise und der Selbstbehalt als Kosten zu berücksichtigen.
Wichtig ist in allen Fällen, dass ein allfälliger Leistungsanspruch durch entsprechende Meldung an den Versicherer unverzüglich erfolgen muss. Dies gilt aber bekanntlich in Versicherungsangelegenheiten nicht nur für Unfälle, sondern auch bei Krankheit, Todesfall bis hin zum Parkschaden am Auto.
Krankentaggeldversicherung
Hat ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmenden eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung abgeschlossen, besteht bei Austritt in der Regel ein Übertrittsrecht in die Einzel-Krankentaggeldversicherung. Diesbezüglich sind die Bestimmungen der Versicherungspolice massgebend, welche den Arbeitnehmenden bekanntgegeben werden müssen. Ein zwingendes Übertrittsrecht besteht nur bei Arbeitslosigkeit gemäss Art. 10 AVIG.
Gerade bei einem Stellenwechsel ist besonders darauf zu achten, wie die arbeitsvertraglichen Bestimmungen in Bezug auf die Lohnfortzahlung bei Krankheit beim neuen Arbeitgeber geregelt sind. Wird diesbezüglich «nur» auf die gesetzliche Lohnfortzahlung verwiesen und besteht seitens des neuen Arbeitgebers keine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, lohnt es sich möglicherweise, eine Weiterführung der Versicherung durch Übertritt in die Einzel-Taggeldversicherung einzugehen. Die je nachdem sehr kurze gesetzliche Lohnfortzahlungsdauer während der Probezeit und im ersten Dienstjahr führt bei fehlender Krankentaggeldversicherung ansonsten schnell dazu, den Gang zum Sozialamt antreten zu müssen.
Fazit
Arbeitgeber sind gut beraten, den gesetzlichen Informationspflichten ihren Arbeitnehmenden gegenüber nachzukommen. Ein entsprechendes Informationsschreiben, z.B. bei Austritt oder unbezahltem Urlaub, sollte heute unbedingt «Standard» bei Austritt von Mitarbeitenden sein.
Bei Nichtbeachten dieser gesetzlichen Regelung kann der Arbeitgeber zur Leistung von Schadenersatz verurteilt werden. Je nach Sachlage kann ein Schaden von bis zu zwei Jahresgehältern entstehen (80 Prozent des Lohnes). Dieses Risiko kann ganz einfach vermieden werden: Indem Sie bei Austritt ein Austrittsschreiben vom Mitarbeitenden unterzeichnen lassen und dieses im Personaldossier ablegen.