Gehälter und Anstellungsbedingungen in der öffentlichen Verwaltung

Gemeindebrief 1/2024

Die wertvollste Ressource einer Gemeindeverwaltung ist ihr Personal. Eine systematische und proaktive Personalpolitik stellt dabei einen wesentlichen Einflussfaktor dar. Bei der Rekrutierung von Fachkräften steht eine Gemeinde vermehrt im direkten Wettbewerb mit der Privatwirtschaft und öffentlichen Institutionen wie beispielsweise andere Gemeinde-, Stadt- oder Kantonsverwaltungen. Der Fachkräftemangel ist auch in der öffentlichen Verwaltung spürbar.

Öffentliche Verwaltung versus Privatwirtschaft: Herausforderungen in Zeiten des Fachkräftemangels

Der Wettbewerb zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Privatwirtschaft um die bestqualifizierten Fachkräfte bringt grosse Herausforderungen mit sich. Aufgrund der in der Regel begrenzten Budgets und Lohnbänder können Gemeinden oft keine wettbewerbsfähigen Gehälter anbieten. Dies kann sich negativ auf die Attraktivität der öffentlichen Verwaltung als Arbeitgeberin auswirken.

Erschwerend hinzu kommt das Image, das die öffentliche  Verwaltung als Arbeitgeberin teilweise nach wie vor hat. Öffentliche Einrichtungen tragen oft das Stigma, weniger dynamisch oder innovativ zu sein als der private Sektor. Gerade in einer Zeit, in der sich viele Unternehmen auf Innovation und Dynamik fokussieren, erschwert dieses Image die Rekrutierung von Fachkräften zusätzlich. In Zeiten des Fachkräftemangels hat die früher geschätzte Jobgarantie ihren Stellenwert verloren. 

Für Gemeinden und Städte ist es daher umso wichtiger, sich als attraktive Arbeitgeberinnen zu positionieren. Dies kann durch die Schaffung eines erlaubenden Umfelds mit modernen Strukturen und Instrumenten erreicht werden und indem Mitarbeitende mit spannenden Aufgaben und einem hohen Mass an Verantwortung und Kompetenz betraut werden. Ebenso wichtig ist eine zielorientierte Führung in Bezug auf die Förderung und Entwicklung der Mitarbeitenden. 

«Pensionierungswelle»: Gefahr des Wissensverlustes oder Chance für den Nachwuchs?

Die Pensionierungswelle, insbesondere in der öffentlichen Verwaltung, ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Die öffentliche Verwaltung verliert mit den Mitarbeitenden der Babyboomer-Generation jahrelange Erfahrung, institutionalisiertes Wissen und stabile Netzwerke. Dies kann zu einem Verlust der Arbeitsproduktivität und Effizienz führen, insbesondere, wenn die nachfolgende Generation nicht adäquat vorbereitet ist.

Zusätzlich zur Aufgabe, die entstehenden Vakanzen adäquat zu ersetzen, ist die öffentliche Verwaltung auch mit der Notwendigkeit konfrontiert, ihre Dienstleistungen und Prozesse an die rasant fortschreitenden technologischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. 

Die anstehende Pensionierungswelle kann jedoch auch als Chance gesehen werden. Sie kann frischen Wind und einen notwendigen Kulturwandel innerhalb der Verwaltung einleiten. Die junge Generation bringt neue Ideen, Arbeitsweisen und neue Perspektiven in die Verwaltung ein. Dies bietet die Möglichkeit, veraltete Strukturen aufzubrechen und Platz für Innovationen zu schaffen. Ein proaktives und gut geplantes Übergangsmanagement kann sicherstellen, dass Wissen und Erfahrung weitergegeben werden, bevor die älteren Arbeitnehmenden in den Ruhestand treten. Eine vorausschauende Personalplanung und -entwicklung ist heutzutage unabdingbar. 

Die Gehälter in der öffentlichen Verwaltung

Seit 2005 führt BDO regelmässig den etablierten Gehaltsvergleich für Städte und Gemeinden durch. Dieser branchenspezifische Datenpool bietet eine fundierte und transparente Grundlage, um die eigene Lohnstruktur zu beurteilen. Die Entscheidungsträger von Gemeinden und Städten erhalten damit ein wertvolles Instrument für eine gezielte Personal- und Lohnpolitik. 

Der Gehaltsvergleich 2024 beinhaltet 10’500 Nennungen von 311 Gemeinden und Städten und ist somit ein breit abgestützter Benchmark. Seit 2015 hat sich die Anzahl der Teilnehmenden kontinuierlich erhöht, wodurch die Repräsentativität der Studie markant gesteigert werden konnte.

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Die ausgewählten Beispiele zeigen, dass in sämtlichen Funktionen in den letzten vier Jahren deutliche Lohnanstiege zu verzeichnen sind. Diese reflektieren einerseits die Teuerung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), sind andererseits aber auch auf den Fachkräftemangel zurückzuführen. 

Detaillierte Beschreibungen der erfassten Funktionen sowie der Kompetenz- und Ausbildungsstufen finden Sie unter www.bdo.ch/gehaltsvergleich

Interne Lohngerechtigkeit und Marktkonformität

Die Gewinnung von qualifiziertem Personal ist in den vergangenen Jahren im Spannungsfeld eines ausgetrockneten Arbeitsmarkts vor allem für kleine und mittlere Gemeinden schwierig geworden. Die Krux liegt darin, eine Lohnstruktur zu definieren, die sorgsam mit Steuergeldern umgeht und gleichzeitig auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig ist. 

Die Basis eines fundierten und legitimierten Gehaltssystems ist neben der internen Entlohnungsgerechtigkeit auch die Marktkonformität. Eine erfolgreiche Personalpolitik sollte beiden Aspekten gerecht werden. 

Die Marktgerechtigkeit sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Branche lässt sich mit Benchmarks (wie beispielsweise dem Gehaltsvergleich von BDO) nachweisen. Falls die eigenen Löhne im Vergleich zum Benchmark relevante Abweichungen zeigen, ist entweder die Stellenstruktur mit den entsprechenden Besoldungsbandbreiten (Minima und Maxima) zu hinterfragen, oder der Prozess der individuellen Lohneinstufungen (Definition Einstiegslohn, Lohnentwicklung etc.). 

Die interne Lohngerechtigkeit zeigt sich einerseits durch eine diskriminierungsfreie Entlöhnung zwischen den Geschlechtern, andererseits durch die Herleitung einer Lohneinstufung mittels Definition von Anforderungen, Erfahrungs- und Leistungskomponenten. Interne Lohngerechtigkeit ist dann erreicht, wenn Mitarbeitende ihre Löhne offen vergleichen können bzw. dürfen. individuelle Lohnunterschiede müssen erklärbar und für die Mitarbeitenden nachvollziehbar sein.

Gefragt sind innovative Lösungsansätze

Die Entlöhnung allein macht jedoch nicht glücklich. Nach der allgemein bekannten Theorie von Herzberg ist der Lohn ein sogenannter Hygienefaktor. Das bedeutet, dass ein fair angesetzter Lohn die Motivation höchstens kurzfristig steigert, während ein zu tiefer Lohn zu Unzufriedenheit führt. Im Gegensatz dazu erhöhen «Motivatoren» wie Anerkennung oder Verantwortung die Zufriedenheit bei der Arbeit und binden die Mitarbeitenden nachhaltig an den Arbeitgeber. Führungskräfte tun also gut daran, diesen Unterschied zu kennen und nebst einer fairen Entlöhnung auch ein motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen. 

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Um diese vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen, bedarf es innovativer und zielgerichteter Ansätze.

Personalentwicklung

Personalentwicklung

Es ist hilfreich, einen Plan anzubieten, der die Fähigkeiten und Präferenzen der Mitarbeitenden sowie die Organisationsziele berücksichtigt. Dies fördert eine stärkere Bindung und trägt zum Aufbau von Wissen und Kompetenzen bei. Wichtig ist, Mitarbeitende und ihr Potenzial zu kennen sowie gezielt zu fördern, indem durch verbindliche Zielsetzungen nebst den Entwicklungszielen auch die Lohnerwartungen für einen mittelfristigen Zeitraum geklärt werden. Einmalige, herausragende Leistungen sollen erkannt, benannt und belohnt werden.

Weiterbildungsmanagement

Weiterbildungsmanagement

Kontinuierliche Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten fördern die Motivation und ziehen junge Talente an. Die Ausbildung von Nachwuchskräften spielt eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass genügend qualifizierte Fachkräfte ausgebildet werden, die den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden. Zudem ist es essenziell, Veränderungen proaktiv anzugehen, wie dies beispielsweise mit der neuen Bildungsverordnung der Fall ist.

Flexible Arbeitsmodelle

Flexible Arbeitsmodelle

Die Flexibilität der Arbeitsmodelle wird oftmals durch lange Präsenzzeiten, Sitzungen ausserhalb der Bürozeiten und das Aufrechterhalten des Dienstleistungsbetriebs erschwert. Selbstredend sollten Gemeinden die Kundenbedürfnisse im Fokus behalten. Gleichzeitig sollte man im Zuge der Digitalisierung aber auch prüfen, ob sich Öffnungszeiten reduzieren lassen und den Einwohnerinnen und Einwohnern mehr digitale Angebote zur Verfügung gestellt werden können. Es ist wichtig, das richtige Gleichgewicht zu finden, um sowohl berufliche als auch persönliche Bedürfnisse der kommenden Generation zu erfüllen. Flexible Arbeitsmodelle (in Bezug auf Ort und Zeit), die die Work-Life-Balance im Fokus haben, fördern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 

Attraktive Lohnmodelle

Attraktive Lohnmodelle

Diese dienen als ein zentrales Mittel, um mit dem Privatsektor konkurrieren zu können, was ein fundiertes Verständnis der aktuellen Markt- und Lohnstrukturen im Sinne eines Benchmarks erfordert. Der Prozess zur Lohnfestlegung sowie die weitere Lohnentwicklung sollten durch ein transparentes System verständlich und nachvollziehbar gemacht werden. Ergänzend können Benefits und Vergünstigungen angeboten werden, wie beispielsweise SBB Halbtax-Abonnement, Reka-Checks, vergünstigte Benützung der Gemeindeinfrastruktur, Eintritte in gemeindeeigene Schwimmbäder oder das Bereitstellen von Betreuungsmöglichkeiten im Dorf.

Erhöhung der Arbeitsergonomie

Erhöhung der Arbeitsergonomie

Die Ergonomie am Arbeitsplatz ist wie der Lohn ein Hygienefaktor, der demotivierend wirken kann, wenn die Anforderungen nicht erfüllt werden. Die Arbeitgeberin ist in der Pflicht, eine gesundheitsschonende Infrastruktur, eine moderne Umgebung und zeitgemässe Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören Möglichkeiten, sich auch ausserhalb der Arbeitszeit oder während der Mittagspause in ansprechenden Räumen aufzuhalten, die Zusammenarbeit zu pflegen oder Ruhe zu finden.

Förderung von Vielfalt und Inklusion

Förderung von Vielfalt und Inklusion

Ein vielfältiges und inklusives Arbeitsumfeld erweist sich als massgeblicher Anziehungspunkt für zukünftige Bewerberinnen und Bewerber. Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz dienen nicht nur dazu, die Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeitenden zu steigern, sondern zeugen auch von einer Kultur der Wertschätzung innerhalb der Organisation. Diese positive Unternehmenskultur soll nach aussen getragen werden (z.B. auf der Webseite, in Stelleninseraten, etc.). Dies trägt dazu bei, talentierte und engagierte Fachkräfte anzuziehen und langfristig zu binden. 

Eine strukturierte Karriereentwicklung mit Potenzialmanagement ist in der öffentlichen Verwaltung wenig verbreitet. Erschwerend kommt hinzu, dass grundsätzlich – je nach Ausgangslage – eine begrenzte Anzahl von Aufstiegsmöglichkeiten besteht. Wenn eine Leitungsposition durch eine Person im mittleren Alter besetzt ist, werden die Möglichkeiten für einen beruflichen Aufstieg der übrigen Mitarbeitenden eines Teams erheblich eingeschränkt. Dies ist besonders in kleinen und mittleren Gemeinden der Fall. Trotz dieser Herausforderungen ist es wichtig, in die Arbeitgeberattraktivität zu investieren, um motivierte Berufsleute möglichst lange an die Organisation zu binden.

Die Herausforderung annehmen

Trotz der grossen Herausforderungen gibt es zahlreiche Strategien und Ansätze, um dem Fachkräftemangel in der öffentlichen Verwaltung entgegenzuwirken. Es liegt jedoch in der Verantwortung jeder einzelnen Gemeinde, eine individuell angepasste Lösung zu entwickeln. Dafür ist sowohl ein gutes Verständnis der eigenen Herausforderungen als auch ein fundiertes Wissen über innovative Lösungsansätze notwendig. Mit dem richtigen Mix kann gewährleistet werden, dass auch in Zukunft genügend qualifizierte Fachkräfte für die öffentliche Verwaltung rekrutiert und gehalten werden können. BDO steht Ihnen gerne zur Seite, um Sie gezielt bei Ihrer Positionierung als Arbeitgeberin, der Weiterentwicklung des Gehaltsmanagements und der Verbesserung der übrigen Anstellungsbedingungen zu unterstützen. Im Rahmen eines unverbindlichen Erstgesprächs können wir eine Situationsanalyse durchführen und mögliche weitere Schritte besprechen.


Braucht Ihre Gemeinde Unterstützung?

Auf Ihrem Weg zu einer umfassenden, realistischen Finanzplanung oder bei Fragestellungen im Zusammenhang mit der finanziellen Resilienz kann BDO Sie fachlich und methodisch unterstützen. Wir verfügen über langjährige Erfahrung im Bereich der finanziellen Beratung und der Prüfung von Gemeinden.

 Unsere Expertinnen und Experten von BDO und publicXdata stehen Ihnen gerne beratend und unterstützend zur Seite.

Hier finden Sie die den vollständigen Gemeindebrief als PDF zum Download: