Die AHV im Fokus – Abstimmungen vom 3. März 2024

Die AHV im Fokus – Abstimmungen vom 3. März 2024

Derzeit ist die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) in aller Munde. Im März gelangen zwei Initiativen zur Abstimmung. Einerseits ist darüber zu entscheiden, ob das Rentenalter in Zukunft angehoben und automatisch an die Lebenserwartung gekoppelt wird. Andererseits steht die Forderung nach einer 13. Altersrente im Raum.

 

Renteninitiative und Initiative für eine 13. AHV-Rente

Die Debatten werden emotional geführt. Befürwortende und Gegnerinnen und Gegner kämpfen mit Argumenten für eines oder beide Anliegen. Das Engagement ist nachvollziehbar, betrifft doch die AHV und die damit verbundene Sicherheit alle Personen in der Schweiz.

In diesem Artikel wird zusammenfassend erläutert, worum es bei den beiden Initiativen geht - gefolgt von einer Einschätzung hinsichtlich der zugrundeliegenden Themen. Abschliessend wird ein Ausblick auf kommende Entwicklungen im Bereich Sozialversicherung und Vorsorge gegeben.

Die AHV ist das Fundament der schweizerischen Altersvorsorge. Mehr als zweieinhalb Millionen Pensionierte erhalten heute monatlich eine AHV-Rente. Ziel der AHV-Rente ist es, den Existenzbedarf im Alter angemessen zu sichern. Neben der Rente der AHV bezieht ein Grossteil der Pensionierten auch Leistungen aus der beruflichen Vorsorge (BVG). Weitere Einkommensquellen sind Leistungen aus privater Vorsorge und bei Bedarf auch Ergänzungsleistungen.

Beide Initiativen stellen die Wichtigkeit der AHV ins Zentrum. Gemeinsam haben sie die Existenzsicherung. Das Anheben des Rentenalters zielt auf die künftige Sicherung der AHV als Ganzes ab. Eine 13. Monatsrente soll Rentenbeziehenden die persönliche Existenzsicherung garantieren.

 

Renteninitiative - Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge»

Die demographische Entwicklung hinterlässt ihre Spuren auch in der AHV. Um die Finanzen der AHV bis 2030 zu stabilisieren, wurden in den letzten fünf Jahren mit zwei Reformen die Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer erhöht, gleichzeitig wird das Rentenalter für Frauen schrittweise angehoben. Diese Massnahmen bringen Mehreinnahmen für die AHV und senken gleichzeitig die Kosten.

Prognosen zeigen, dass die Lebenserwartung in der Schweiz weiter steigt. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Altersrentnerinnen und -rentner stärker zu als die Zahl der Erwerbstätigen. Diese Tatsache stellt das Umlageverfahren vor grosse Herausforderungen. Immer weniger Erwerbstätige finanzieren immer mehr Rentnerinnen und Rentner.

Die Renteninitiative greift dieses Thema auf und will mit einem erhöhten Rentenalter die AHV nachhaltig sichern.

In einem ersten Schritt ist geplant, das Rentenalter für Frauen und Männer ab 2028 etappenweise bis ins Jahr 2033 auf 66 Jahre anzuheben.

Nimmt anschliessend die durchschnittliche Lebenserwartung ab 2033 zu, wird das Rentenalter automatisch steigen. Bei einer um einen Monat höheren Lebenserwartung, wird das Rentenalter um 80 Prozent dieses Wertes, d.h. 0,8 Monate ansteigen. Maximal darf das Rentenalter ab 2033 jährlich um zwei Monate angehoben werden. Ein erhöhtes Eintrittsalter muss den betroffenen Personen fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters kommuniziert werden. Die genaue Umsetzung müssten nach Annahme der Initiative durch Bundesrat und Parlament ausgearbeitet werden.

Ausgehend von der aktuellen Lebenserwartung steigt das Rentenalter bis 2043 auf 67 Jahre an:

Anstieg des Rentenalters bei Annahme der Initiative

Anstieg des Rentenalters bei Annahme der Initiative
Quelle: Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen BSV

 

Ein höheres Rentenalter bringt eine Kostenersparnis für später zu zahlende Leistungen und durch das verlängerte Verbleiben im Arbeitsprozess mehr Beitragseinnahmen für die AHV. Das Initiativkomitee rechnet damit, dass ab 2033 die AHV jährlich um rund 2 Milliarden Franken entlastet wird.

Eine spätere Pensionierung beeinflusst auch die Invalidenversicherung. Die Renten aus der IV laufen entsprechend der zeitlichen Erhöhung länger. Somit fallen in der Invalidenversicherung höhere Kosten an. Die Schätzungen gehen für das Jahr 2033 von einem Zusatzaufwand von 200 Millionen Franken aus. Danach fallen bei Anhebung des Rentenalters automatisch zusätzliche Kosten an.

Der Bundesrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung.

 

Initiative für eine 13. AHV-Rente

Gesteigerte Mieten, höhere Krankenkassenprämien und Lebensmittelpreise führten zu höheren Lebenshaltungskosten. Die Initiative fordert, dass neben den heutigen 12 Monatsrenten in Zukunft auch eine 13. Altersrente ausbezahlt wird. Dies entlastet das Budget von Rentenbeziehenden.

Eine zusätzliche Monatsrente erhöht die jährliche Altersrente um 8,3 Prozent.

Jährliche AHV-Rente heute und mit Annahme der Initiatve für 13 Renten (in CHF)

Jährliche AHV-Rente heute und mit Annahme der Initiatve für 13 Renten (in CHF)

 

Eine 13. AHV-Rente kostet laut Initiantinnen und Initianten anfänglich rund 4.1 Milliarden Franken pro Jahr. Die AHV wird heute aus den Beiträgen von Arbeitnehmenden, Arbeitgebenden, Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen sowie aus Einnahmen aus der Mehrwertsteuer, Vermögenserträgen aus dem AHV-Fonds und dem Bundesbeitrag finanziert. Die Initiative nennt keine Vorschläge, wie Mehrkosten für eine 13. Monatsrente zu finanzieren sind. Diese Aufgabe wird dem Parlament übertragen.

Die 13. AHV-Rente soll allen Rentnerinnen und Rentnern, unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation, ausgerichtet werden. Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen sollen in gleichem Ausmass von der 13. Altersrente profitieren. Der Initiativtext sieht vor, dass Ergänzungsleistungen wegen der 13. Altersrente nicht gekürzt werden dürfen.

Die 1. Säule bezahlt aus der AHV neben Altersrenten auch monatliche Leistungen an Witwen, Witwer und Waisen. Zudem bezahlt die Invalidenversicherung (IV) Renten an Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Diese Renten sind von der Initiative nicht betroffen. Das bedeutet, nur Altersrentnerinnen und -Rentner profitieren von einer 13. Monatsrente.

Der Bundesrat lehnt die Initiative für eine 13. Altersrente ab.

 

Einschätzung

Beiden Initiativen gemein ist, dass sie keine detaillierten Aussagen zur Umsetzung machen bzw. dies den Gesetzgebenden übertragen.

Wird das Rentenalter ab 2033 an die Lebenserwartung gekoppelt, entscheidet eine mathematische Formel über den Zeitpunkt der Pensionierung. Wirtschaftliche, gesellschaftliche und arbeitsmarktliche Entwicklungen hätten in Zukunft keinen Einfluss mehr.

Die Reform AHV 21 (AHV 21 - Umsetzung in 4 Schritten - BDO) wurde auf den 1. Januar 2024 eingeführt. Neben der erhöhten Mehrwertsteuer wird das Rentenalter für Frauen bis 2028 demjenigen für Männer angeglichen. Eine Annahme der Renteninitiative hat für Frauen zur Folge, dass auch nach 2028 das Rentenalter jährlich ansteigen wird.

Ein erhöhtes Rentenalter wirkt sich auch auf die berufliche Vorsorge aus. Der Sparprozess verlängert sich. Das heisst, künftige Rentnerinnen und Rentner haben länger Zeit, ihr Alterskapital zu äufnen.

Unklar ist, ob der Arbeitsmarkt bereit ist, Mitarbeitende ein bis zwei Jahre länger zu beschäftigen. Sofern dem nicht so ist, würden künftige Rentnerinnen und Rentner vermehrt Leistungen vorbeziehen müssen. Dies führt zu tieferen Renten in der ersten und zweiten Säule. Bei erhöhter Lebenserwartung könnte hier ein vermehrter Bedarf an Ergänzungsleistungen aufgezeigt sein. Dies wiederum kann zu höheren Steuerbelastungen für die Gesamtheit führen.

Eine 13. Altersrente kommt einem Leistungsausbau gleich. Diese Mehrausgaben, sowie die allgemeine Stabilisierung der AHV ab 2030, sind zu finanzieren. Erhöhte AHV-Beiträge, eine weitere Anhebung der Mehrwertsteuer und ein höherer Bundesbeitrag sind mögliche Lösungen. Letzterer kann Steuererhöhungen zur Folge haben. Einzelne dieser Finanzierungsoptionen wirken sich auch auf die Budgets der Empfängerinnen und Empfänger einer 13. Altersrente aus. Ein höherer Mehrwertsteuersatz verteuert allgemein die Produkte und auch die Steuerbelastung könnte ansteigen.

Die Initiativen zeigen die Komplexität der Vorsorge in der Schweiz. Vorschläge und Lösungen sind in der Gesamtheit des Systems zu betrachten. Denn nur so kann die Stärke des Drei-Säulen-Prinzips voll ausgeschöpft werden.

Beide Initiativen nehmen dringende Themen wie das veränderte Arbeitsverhalten (Teilzeitarbeit, mobiles und internationales Arbeiten etc.) oder gesellschaftliche Veränderungen nicht auf. Lösungen zu diesen Fragen werden in Zukunft diskutiert.

 

Ausblick

Themen zu Sozialversicherungen und Vorsorge bleiben aktuell. Voraussichtlich im Herbst entscheiden die Stimmberechtigten über die Reform BVG 21.

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