Die Betriebsunterbruchversicherung schützt Unternehmen vor finanziellen Verlusten, die durch Betriebsunterbrechungen aufgrund von bestimmten versicherten Ereignissen entstehen. Diese Ereignisse können Naturkatastrophen, Feuer, Einbruchdiebstahl, technische Störungen oder andere unvorhergesehene Vorfälle sein, die den normalen Geschäftsbetrieb beeinträchtigen und zeitweise verunmöglichen. Die Versicherung umfasst den entgangenen Deckungsbeitrag sowie entstandene Mehrkosten begründet durch den Betriebs-unterbruch. Durch die Deckung dieser Positionen hilft die Versicherung dem Versicherungsnehmer, die finanziellen Auswirkungen des Ausfalls zu bewältigen und den Geschäftsbetrieb nach dem Ereignis wieder aufzunehmen. Dieser Beitrag behandelt die Betriebsunterbruchversicherung aus Sicht des Versicherers und erläutert die Bedeutung einer umfassenden Analyse des Sachverhalts.
Die Komplexität des Sachverhalts
Betriebsunterbrechungen fordern stets eine umfassende Betrachtung des Sachverhalts und setzen das Verständnis des Geschäftsmodells voraus. Neben der Analyse des potenziellen Umsatzausfalls sind auch die individuellen Gegebenheiten des Unternehmens zu berücksichtigen. Aufgrund einer möglichen Verkettung von verschiedenen Geschäftsaktivitäten kann der Schaden bis weit über das Schadensereignis hinaus Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit haben. Hierbei spielen Faktoren wie Lieferketten, Kunden-abhängigkeiten, spezifische Marktbedingungen, Saisonalitäten und anderweitige Schwankungen der Jahresergebnisse eine entscheidende Rolle. Eine detaillierte Analyse ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Quantifizierung des Schadens vorgenommen werden kann.
Der Betriebsunterbruch: Mehr als nur Umsatzausfall
Nebst dem Umsatzausfall stehen Unternehmen vor zahlreichen weiteren Herausforderungen, wenn der Betrieb vorübergehend und unerwartet zum Stillstand kommt. Fixkosten wie Mieten, Gehälter und andere laufende Ausgaben bleiben bestehen, während die Einnahmen sinken oder sogar komplett ausfallen. Die Betriebsunterbruchversicherung greift hier ein, indem sie die entgangenen Gewinne und die fortlaufenden Fixkosten abdeckt. Neben den fixen gibt es aber auch variable Kosten, wie beispielsweise den Material-aufwand, welche nach Eintreten des Schadens grundsätzlich proportional zum Umsatz sinken. Diese eingesparten Kosten sind in der Schadensberechnung entsprechend herauszurechnen. Kann beispielsweise ein Restaurant im Brandfall keine Gäste mehr bewirtschaften, deckt die Betriebsunterbruchversicherung die entgangenen Restaurationseinnahmen unter Abzug der direkten variablen Kosten, beispielsweise Nahrungsmittel, welche für den Umsatz benötigt worden wären. Die Kausalität zwischen dem Schadensereignis und den Auswirkungen auf die Finanzzahlen ist nicht immer eindeutig gegeben. Daher ist bei der Schadensberechnung ein besonderes Augenmerk auf andere Auslöser, bspw. Saisonalität, branchenspezifische Lage oder andere Ereignisse, zu richten. Falls dies nicht genau abgegrenzt werden kann, besteht für den Versicherer die Gefahr, einen Umsatzausfall zu entschädigen, welcher nur teilweise auf den Schaden zurückzuführen ist und welcher daher auch nicht vollständig versichert wäre.
Proaktives Handeln zur Schadensbegrenzung: Schadensminderungspflicht
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Schadenminderungspflicht des Versicherungsnehmers und deren quantitative Auswirkungen. Der Versicherungsnehmer hat alle zumutbaren Massnahmen zu ergreifen, um den Schaden zu minimieren. Das kann beispielsweise die schnellstmögliche Wiederherstellung des Betriebs oder die Suche von alternativen Produktionsstätten / Verkaufsstellen umfassen, um eine Weiterführung des Betriebs zu sichern. Für den Versicherer besteht die Herausforderung zu eruieren, ob die Schadens-minderungspflicht des Versicherten eingehalten wurde.
Mehrkosten kritisch beleuchten
Mehrkosten sind ein weiterer kritischer Aspekt, der bei der Bestimmung des Schadens in Folge eines Betriebsunterbruchs nicht vernachlässigt werden darf. Diese entstehen meist in der Phase der Wiederherstellung des Betriebs oder bei der oben genannten Schadensminderung und können bspw. zusätzliche Personalkosten, erhöhte Logistikausgaben oder temporäre Massnahmen, um einen eingeschränkten Betrieb sicherzustellen, umfassen. Wie hoch die anrechenbaren Mehrkosten effektiv ausfallen, ist jedoch abhängig von der Versicherungsdeckung und der Nachvollziehbarkeit der schadensmindernden Wirkung. Besondere Aufmerksamkeit ist auf die Personalaufwendungen zu richten. Können die Einsätze von Mitarbeitenden zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe der Haftzeit kompensiert werden, sind diese nicht zu den Mehrkosten dazuzurechnen. Die Versicherungsgesellschaft muss die Wechselwirkungen zwischen Mehrkosten und deren schadensmindernder Wirkung gut verstehen. Schlussendlich ist eine Abschätzung erforderlich, ob die Mehrkosten den tatsächlichen Schaden gemindert haben und daraus folgend, ob diese durch die Versicherung zu entschädigen sind oder nicht.
Fazit: Der Teufel steckt im Detail
Insgesamt erfordert die Berechnung eines Betriebsunterbruchschadens eine differenzierte Herangehensweise. Eine individuelle Analyse, die sowohl die betrieblichen Gegebenheiten als auch die Schadensminderung des Versicherungsnehmers und deren Wirkung berücksichtigt, ist unerlässlich. Versicherer und Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass der Betriebsunterbruch mehr als nur einen temporären Umsatzausfall bedeutet und dass die Berechnung hierzu sehr komplex ausfallen kann.
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