Aus- und Weiterbildungspflichten für Vermögensverwalter

Eine wichtige Neuerung von FIDLEG und FINIG sollten Vermögensverwalter bei den laufenden Umsetzungsarbeiten nicht unterschätzen: Die neuen regulatorischen Vorgaben zur Aus- und Weiterbildung. Was es zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Die Komplexität der Thematik zeigt sich bereits darin, dass sich die Ausbildungsvorschriften nicht aus nur einer einheitlichen Regel im Gesetz oder aus einer Verordnung ableiten lassen. Es bestehen stattdessen mehrere Rechtsgrundlagen und unterschiedliche Anknüpfungspunkte, die sich im Einzelfall überlagern können. Gesetzlich statuiert werden einerseits Ausbildungsvorschriften für den Vermögensverwalter als Finanzdienstleister bzw. für die als Kundenberater (im Sinne des FIDLEG) tätigen Mitarbeitenden oder Organe des Vermögensverwalters sowie andererseits für die Geschäftsführer eines Vermögensverwalters.

Ausbildungsvorschriften für den Vermögensverwalter als Finanzdienstleister

Als Finanzinstitut und Finanzdienstleister ist ein Vermögensverwalter zu einer angemessenen internen Organisation verpflichtet, die es ihm erlaubt, die gesetzlichen Pflichten zu erfüllen (Art. 9 FINIG, Art. 21 FIDLEG). Vermögensverwalter müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden über die für ihre Tätigkeit notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen (Art. 22 FIDLEG). Für Kundenberater im Speziellen verlangt Art. 6 FIDLEG, dass diese über hinreichende Kenntnisse über die FIDLEG-Verhaltensregeln sowie über das notwendige Fachwissen verfügen.

In Konkretisierung dieser Anforderungen verlangt Art. 12 Abs. 3 FINIV von Finanzinstituten, über Personal zu verfügen, welches ihrer Geschäftstätigkeit angemessen und qualifiziert ist. Art. 23 Abs. 1 Bst. b FIDLEV verlangt zudem, dass Vermögensverwalter ihre Mitarbeitenden sorgfältig auswählen und dafür sorgen, dass diese die Aus- und Weiterbildung in Bezug auf die Verhaltensregeln und die spezifischen Sachkenntnisse erhalten, die sie für die Erfüllung ihrer konkreten Aufgaben benötigen. Im Erläuterungsbericht zur FIDLEV findet sich dazu eine interessante Konkretisierung: «Der Umfang der Schulung muss sich aus den konkreten Dienstleistungsaufgaben der Mitarbeitenden und den entsprechenden Anforderungen aus dem FIDLEG ergeben. Eine weitere Konkretisierung in der Verordnung erfolgt nicht, da dies dem Willen des Parlaments widersprechen würde. Dem Finanzdienstleister steht hier folglich ein sehr weites Ermessen zu.»

Aufgrund der Übergangsfristen gemäss FIDLEG/FIDLEV müssen Vermögensverwalter spätestens bis am 31. Dezember 2021 ein entsprechendes Schulungskonzept implementiert haben.

Ausbildungsvorschriften für Geschäftsführer

Art. 20 Abs. 1 FINIG verlangt, dass die Geschäftsführung eines Vermögensverwalters aus mindestens zwei qualifizierten Personen bestehen muss. Die betreffenden Anforderungen werden durch die Aufsichtsorganisationen bzw. durch die FINMA im Rahmen der nun laufenden FINIG-Bewilligungsverfahren geprüft und beurteilt.

Als qualifiziert für die Geschäftsführung eines Vermögensverwalters gilt eine Person, wenn sie über eine angemessene Ausbildung und über genügend Berufserfahrung in der Vermögensverwaltung für Dritte verfügt (Art. 20 Abs.  3 FINIG). Art. 25 Abs. 1 FINIV konkretisiert diese Anforderungen, indem von den Geschäftsführern eine Berufserfahrung von mindestens 5 Jahren und eine Ausbildung von mindestens 40 Stunden verlangt wird. Zudem seien die erworbenen Kompetenzen durch regelmässige Fortbildung aufrecht zu erhalten (Art. 25 Abs. 3 FINIV).

Folgende Berufserfahrung kann gemäss Erläuterungsbericht zur FINIV beispielswiese aufgeführt werden: Berufserfahrung in der Anlageberatung beim sog. Private Banking, die Tätigkeit im sog. Asset Management einer Fondsleitung oder bei einem unabhängigen Vermögensverwalter. Hinsichtlich einer angemessenen Ausbildung hält der Erläuterungsbericht zudem fest, dass diese nicht nur während der Berufserfahrung als Vermögensverwalter, sondern ganz oder teilweise auch im Rahmen der allgemeinen Vorbildung erworben worden sein könne (z.B. Abschluss beruflicher Grundbildung, höherer Berufsbildung oder einer Fach- bzw. universitären Hochschule mit entsprechenden Schwerpunkten im In- oder Ausland). Denkbar seien zudem spezifizierte Bildungsgänge (z.B. CAS, DAS, MAS), unternehmensinterne Schulungen sowie etwa Qualifikationen, die eine entsprechende Vorbereitung bedingen (z.B. CFA, TEP). Zudem könne die FINMA ausnahmsweise auch Berufserfahrung im Rahmen entsprechender Aufsichts- bzw. Prüftätigkeiten anrechnen lassen oder Berufserfahrung, die über fünf Jahre hinausgeht, zu Gunsten von Ausbildung gewichten.

Herausforderungen

Die Erfüllung der Aus- und Weiterbildungspflichten kann für Vermögensverwalter mit einem nicht zu unterschätzenden organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden sein. Anders als grössere Institute wie Banken können sie in der Regel kein eigenständiges Schulungssystem aufbauen und führen. Sowohl hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen an Geschäftsführer im Rahmen des FINIG-Bewilligungsverfahrens als auch im Hinblick auf eine dauerhafte Aus- und Weiterbildung des Personals kann es für Vermögensverwalter vorteilhaft sein, auf die Ausbildungsdienstleistungen externer Anbieter zurückzugreifen.

Noch bestehen nur wenige Vergleichswerte, welche Anforderungen die Aufsichtsorganisationen und die FINMA im Detail an die Ausbildungs- und Kenntnisnachweise, bzw. die Ausbildungsprogramme stellen. Einzelne Aufsichtsorganisationen haben zumindest bereits verlauten lassen, dass sie bei der Beurteilung der Einhaltung von Art. 12 FINIV einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und nicht auf eine Liste anerkannter Ausbildungsplätze abstellen werden. Dies schafft zwar Handlungsspielräume, aber auch gewisse Unsicherheiten.

In der Schweiz existieren diverse Bildungsinstitute im Bereich des Finanzmarktrechts. André Steiner, Geschäftsführer der Mendo AG und Co-Geschäftsführer der Interessengemeinschaft «Ausbildung im Finanzbereich (IAF)», hat Antworten auf die zentralen Fragen.

Die Mendo AG ist ein spezialisiertes Bildungsinstitut im Bereich der Finanzberatung und -planung (www.mendo.ch). Die IAF ist eine Prüfungsträgerschaft der höheren Berufsbildung und ist vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI anerkannt (www.iaf.ch).

 

Herr Steiner, wie haben Sie die Situation um FIDLEG und FINIG zu spüren bekommen? Konnten Sie eine starke Erhöhung der Nachfrage nach Ihren Bildungsangeboten verzeichnen?

Ja, wir stellen in der Tat eine Zunahme der Nachfrage nach unseren Bildungsleistungen fest, die auch mit den neuen Gesetzen im Zusammenhang steht. Seit Jahren bilden wir Finanzfachleute aus und sind daher auch mit Arbeitgebern in engem Kontakt. Wir stellen aber auch fest, dass weiterhin grosse Unsicherheiten bestehen. Sowohl bei Kundenberatern als auch bei Arbeitgebern, was auch einen Einfluss auf die «richtige» Ausbildung hat.

Welche Unsicherheiten stellen Sie in Ihren Gesprächen fest?

Einzelne Kundenberater wenden sich an uns, da sich für sie generelle Fragen stellen. Zum Beispiel, ob sie in ein Beraterregister eingetragen werden müssen oder ob ihre Ausbildungen als Kenntnisnachweise ausreichen. Aber auch in Unternehmen stellen wir gewisse Unsicherheiten fest, so zum Beispiel bei Versicherungsgesellschaften, die Anlagefonds anbieten.

Was Vermögensverwalter betrifft, so merken wir in Gesprächen immer wieder, dass die beiden neuen Gesetze FIDLEG und FINIG nicht differenziert betrachtet werden. Mir scheint, dass etlichen Vermögensverwaltern noch nicht bewusst ist, dass bereits ab dem 1. Januar 2022 die Kenntnisnachweise für ihre Kundenberater vorliegen müssen. Dies hat nur am Rande mit der Einführung von FINIG zu tun.

Sie erwähnen die Kenntnisnachweise nach FIDLEG und beziehen sich da wohl auf den Art. 6 FIDLEG. Wie interpretieren Sie den Begriff eines «Kenntnisnachweises» als Bildungsanbieter?

Ja, Sie haben recht. In Art. 6 FIDLEG ist festgehalten, dass Kundenberater über die für ihre Tätigkeit notwendigen Fachkenntnisse und auch über genügende Kenntnisse zu den Verhaltensregeln nach FIDLEG verfügen müssen. Ein Kenntnisnachweis heisst ja nicht explizit, dass ein Ausbildungsabschluss vorliegen muss. Kenntnisse kann man sich in der täglichen Praxis erarbeiten. Von daher gehe ich davon aus, dass viele Mitarbeitenden von Vermögensverwaltern längst über die nötigen Kenntnisse des Fachwissens verfügen und dies mittels Praxisnachweisen belegen können. Anders sieht es meines Erachtens bezüglich der Verhaltensregeln aus. Diese sind neu und so kann dies wohl nur mit einer entsprechenden Ausbildung nachgewiesen werden.

Sie sprechen die Ausbildung für den Nachweis der Verhaltensregeln an. Die Mendo AG bietet einen reinen Onlinekurs mit integriertem Abschlusstest an. Wie sieht hier die Nachfrage aus und welches sind Ihre Erfahrungen?

Die Nachfrage nimmt laufend zu. Mit diesem Onlinekurs, den wir in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch führen, haben wir in der Corona-Pandemie natürlich das richtige Angebot platzieren können. Präsenzunterricht war uns nun länger verboten, was die Nachfrage nach einem digitalen Kursangebot gefördert hat. Für viele Kundenberater wird es noch darum gehen, diese «Ausbildungspflicht» zu erfüllen. Da ist ein kostengünstiger Onlinekurs, der jederzeit und ortsunabhängig zur Verfügung steht, ein pragmatisches Angebot – unabhängig davon, ob Präsenzveranstaltungen bald wieder möglich sind oder nicht.

Herzlichen Dank für diese spannenden Einblicke!

 

Gerne unterstützen die Expertinnen und Experten von BDO Sie bei der Ausarbeitung eines Schulungskonzepts und bei der Durchführung von Aus- und Weiterbildungsanlässen. Weitere Informationen und Kontaktdaten finden Sie hier.


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