Verrechnungspreise: Wie KMU steuerliche Risiken vermeiden können

Verrechnungspreise: Wie KMU steuerliche Risiken vermeiden können

In den letzten Jahren haben die Schweizer Steuerbehörden ihre Prüfungen der Verrechnungspreise intensiviert. Verrechnungspreise bezeichnen Preise, die für den Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen verbundenen Parteien (Unternehmen) festgelegt werden. Daher wird es auch für KMU immer wichtiger, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen - sowohl um Anfechtungen seitens der Steuerbehörden zu vermeiden als auch um Optimierungspotenziale zu nutzen. Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Verrechnungspreise funktionieren und wie Sie Ihre Strategie in diesem Bereich optimieren können.

Wann kommen Verrechnungspreise zur Anwendung?

Ein Unternehmen kann mit verschiedenen Arten von «verbundenen Parteien» interagieren:

  • mit Zweigniederlassungen (Betriebsstätten),
  • Tochtergesellschaften, oder
  • Privatpersonen wie z.B. Aktionären, Geschäftsleitungsmitgliedern usw.

Die Steuerbehörden erwarten grundsätzlich, dass verbundene Parteien so handeln, als wären sie unabhängig: Beispielsweise sollte der vereinbarte Preis für die Erbringung von Dienstleistungen dem entsprechen, den zwei unabhängige Unternehmen für die Erbringung einer vergleichbaren Dienstleistung unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätten (so genannter «Fremdvergleichswert»).

Was geschieht, wenn die Verrechnungspreise nicht dem Fremdvergleich entsprechen?

Wenn die Steuerbehörden der Meinung sind, dass die Verrechnung zwischen verbundenen Parteien nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, passen sie die Steuerbemessungsgrundlage der betroffenen Unternehmen (z.B. Leistungserbringer und Leistungsempfänger) um die Differenz zwischen den vereinbarten Verrechnungspreisen (z.B. ein Aufschlag von 5% auf die Gesamtkosten) und dem Preis an, den sie als Preis zwischen Dritten für diese Transaktion betrachten (z.B. ein Aufschlag von 8% auf die Gesamtkosten). Solche Anpassungen haben sowohl gewinnsteuerliche als auch verrechnungssteuerliche Konsequenzen. Je nach Situation kann es sogar sein, dass die zusätzliche Verrechnungssteuer unter Umständen nicht mehr zurückgefordert werden kann. Im schlimmsten Fall kann je nach Kanton und lokaler Steuerbelastung eine «Steuerpenalty» von rund 50% drohen. Damit gibt es genügend Gründe, sich mit diesem (vor allem für KMU) vergleichsweise «neuen» Steuerthema vertiefter auseinanderzusetzen.

Wie lässt sich ein steuerlich anerkannter Verrechnungspreis zwischen verbundenen Parteien ermitteln?

Je nach Charakteristik einer Transaktion gibt es mehrere Methoden zur Ermittlung des entsprechenden fremdvergleichskonformen Vergütungssatzes.

Die Wahl der optimalen Methode hängt letztlich von einer qualitativen und quantitativen Analyse ab, die gemäss den für steuerliche Zwecke anerkannten Leitlinien durchgeführt werden muss, um Anfechtungen durch die Steuerbehörden zu vermeiden.

Am häufigsten bei KMU: Kostenaufschlagsvergütungen

Kostenaufschlagsvergütungen werden durch Anwendung eines Aufschlags auf eine Referenzkostenbasis ermittelt. Kostenaufschlagsvergütungen werden bei KMU häufig angewandt, da die Erbringung von Dienstleistungen die häufigste Transaktion mit ihren verbundenen Parteien innerhalb und ausserhalb der Schweiz ist. Dabei wird ein marktüblicher Aufschlag auf die Kosten eines Unternehmens berechnet, wenn es Dienstleistungen für verbundene Parteien bzw. Unternehmen erbringt.

Typische Beispiele sind:

  • Erbringung von Management- und Verwaltungsdienstleistungen (oft durch die Muttergesellschaft),
  • Vergütung von Auftrags- und Lohnherstellern,
  • Erbringung von Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen.

Wie wird die korrekte Kostenbasis für die Anwendung eines Aufschlags ermittelt?

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) betont die Bedeutung der korrekten Bestimmung der Kostenbasis im Zusammenhang mit einer Kostenaufschlagsvergütung. Kosten, die nicht zur Kostenbasis gehören, können nämlich von den zuständigen Steuerbehörden ignoriert werden, was zu einer Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage führt und somit ein Unternehmen zusätzlichen Gewinnsteuern und Verrechnungssteuern aussetzt. In diesem Zusammenhang hat die ESTV (sowie das Bundesgericht, durch ein Urteil vom 11. Juli 2024) klargestellt, dass Steueraufwendungen und Finanzierungskosten nicht zur Kostenbasis für die Anwendung einer Kostenaufschlagsvergütung gehören

Die Kernfrage für KMU lautet daher: Wie kann die Kostenbasis bei der Verwendung einer Kostenaufschlagsvergütung korrekt ermittelt werden, um das Risiko von Anfechtungen durch die schweizerischen (und ggf. ausländischen) Steuerbehörden zu minimieren?

Welche Kosten gehören zur Kostenbasis - und welche nicht?

Die Kosten eines Unternehmens lassen sich im Kontext der Verrechnungspreise in operative Kosten und nicht-operative Kosten unterteilen.

  • Operative Kosten beziehen sich auf die üblichen Ausgaben, die ein Unternehmen tätigt, um seinen Betrieb aufrechtzuerhalten. Diese Kosten tragen zur gesamten Wertschöpfung des Unternehmens bei.
  • Nicht-operative Kosten sind normalerweise nicht Teil der betrieblichen Kerntätigkeit. Sie tragen nicht zur Wertschöpfung des Unternehmens bei und sind daher generell nicht Teil der Kostenbasis. Zu diesen Kosten gehören Steuer- und Zinsaufwendungen sowie Kosten, die einem Unternehmen oder einer Privatperson nur aufgrund ihrer Beteiligung entstehen (so genannte «Aktionärskosten»). Diese Kosten dürfen nicht an verbundene Parteien weiterverrechnet werden.

Wie lassen sich operative Kosten korrekt verrechnen?

Innerhalb der operativen Kosten sollen alle Kosten erfasst werden, die mit der Erbringung einer Leistung verbunden sind (sogenannte «anrechenbare Kosten»). Diese sollen dem Leistungsempfänger als Bestandteil der Kostenbasis für die Anwendung der Kostenaufschlagsvergütung auf folgende Weise in Rechnung gestellt werden:

  • Direkt: Dies bezieht sich auf Ausgaben, die eindeutig einer spezifischen Dienstleistung zugeordnet werden können, wie beispielsweise die Kosten für die Beauftragung eines Headhunters zur Unterstützung einer Tochtergesellschaft bei der Einstellung ihres Geschäftsführers.
  • Indirekt: Dies umfasst Aufwendungen, die nicht einer spezifischen Dienstleistung oder einem einzelnen Dienstleistungsempfänger zugeordnet werden können. Sie müssen den erbrachten Leistungen bzw. den Leistungsempfängern zugewiesen werden, um in die Kostenbasis aufgenommen zu werden. Hierfür ist ein Verteilungsschlüssel zu verwenden, der den Nutzen der erbrachten Dienstleistung widerspiegelt, wie beispielsweise Anzahl Mitarbeitende, Umsatzerlöse oder Zeitaufwand für die Erbringung der Dienstleistungen. Ein gängiges Beispiel bei KMU sind die IT-Supportdienstleistungen, die die Muttergesellschaft für andere Standorte erbringt. Die entstehenden Kosten, wie beispielsweise Ausgaben für technisches Personal oder Cloud-Speicher, können je nach Anzahl der Computer oder Arbeitsplätze auf die verschiedenen Standorte verteilt werden. Zu diesem Wert muss anschliessend noch der entsprechende Aufschlag hinzugerechnet werden.

Warum ist die Wahl des Verteilungsschlüssels entscheidend?

Insbesondere für KMU ist es wichtig, dass die Wahl eines Verteilungsschlüssels nicht zu einem unverhältnismässigen Aufwand auf Unternehmensebene führt: Die Eignung eines solchen Schlüssels hängt von seiner Angemessenheit ab. Bei Dienstleistungen wie Buchhaltung und Finanzdienstleistungen ist es für KMU nicht notwendig, eine Zeiterfassungssoftware zu verwenden. Es ist ausreichend, wenn die an der Erbringung von Dienstleistungen beteiligten Mitarbeitenden eine vernünftige dokumentierte Schätzung der Zeit vornehmen, die sie typischerweise (z.B. auf täglicher Basis) für die Erbringung von Finanzdienstleistungen für jede verbundene Partei aufwenden.

Welcher Gewinnaufschlag ist angemessen?

Wurde die Kostenbasis sachgerecht ermittelt, ist ein angemessener Gewinnaufschlag (oft auch «Mark-Up» genannt) zu verwenden, um die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu gewährleisten und somit den Kostenaufschlag vor Anfechtungen durch die Steuerbehörden zu schützen.

Damit der Gewinnaufschlag aus steuerlicher Sicht als angemessen angesehen werden kann, muss er mit dem Fremdvergleichsgrundsatz in Einklang stehen. Zu diesem Zweck sollte er durch eine spezifische wirtschaftliche Analyse (so genannte «Benchmark-Analyse») gestützt werden. Die Kosten, die einem Unternehmen bei der Ermittlung des Fremdvergleichsaufschlags entstehen, müssen jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen stehen, den es durch die Minimierung des Steuerrisikos erzielt. Wenn dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis gering ist - was bei KMU häufig der Fall ist - und eine Benchmark-Analyse daher nicht durchführbar ist, kann ein Unternehmen dennoch das Risiko von Anfechtungen durch die Steuerbehörden mindern (wenn auch nicht ausschliessen), indem es darlegt, dass der angewandte Aufschlag aus kommerzieller und geschäftlicher Sicht angemessen ist.

Wie können Steueranpassungen vermieden werden?

Eine regelmässige Überprüfung der Kostenaufschlagsvereinbarungen ist von höchster Bedeutung, um eventuelle Inkonsistenzen festzustellen, die ein Steuerrisiko auslösen könnten. Zusammen mit Dokumentationen, aus denen klar hervorgeht, wie die Kostenbasis ermittelt wurde und welcher Grundsatz bei der Wahl des Aufschlags verfolgt wurde, sind Sie bestens vorbereitet. Unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie nicht nur bei der Überprüfung, sondern auch bei der Erstellung einer steuerlich konformen Dokumentation, damit Sie möglichen Anfechtungen durch die Steuerbehörden gezielt entgegentreten können.

Haben Sie Fragen zum Thema Verrechnungspreise?

Unsere Expertinnen und Experten unterstützen Sie dabei, Verrechnungspreise regelkonform zu gestalten und steuerliche Risiken zu minimieren.

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