Familienstiftungen in der Schweiz
Familienstiftungen in der Schweiz
Wird es bald möglich sein, eine Schweizer Familienstiftung zu errichten?
Bei verschiedenen Familienkonstellationen wird im Zusammenhang mit der Nachlassplanung ein geeignetes Instrument zur geordneten Vermögensweitergabe gesucht. Der vorliegende Artikel beleuchtet, warum es bisher kein geeignetes Schweizer Modell für die Nachlassplanung über mehrere Generationen gibt. Darüber hinaus werden die Eigenheiten einer Familienstiftung, ihre Besteuerung und die aktuellen Bemühungen zur Anpassung des geltenden Gesetzes dargelegt.
Grundlage
Im Gegensatz zu den gemeinnützigen Stiftungen sind Familienstiftungen in der Schweiz wenig verbreitet. Dies ist dahingehend begründbar, als die eigentliche Idee einer solchen Stiftung meist in der Übertragung des Vermögens über mehrere Generationen liegt. Allerdings wird dies gemäss Gesetz stark eingeschränkt. Die heutigen bereits errichteten Familienstiftungen stammen oftmals aus der Zeit vor der Bundesgesetzgebung.
Grundsätzlich gilt für Familienstiftungen das ordentliche Stiftungsrecht gemäss Art. 80 bis 89 ZGB. Allerdings wird mit Art. 335 Abs. 1 ZGB der mögliche Stiftungszweck für Familienstiftungen stark eingeschränkt. Das bedeutet konkret, dass diese Art von Stiftungen nur für die Erziehung von Familienangehörigen, für die Ausstattung oder Unterstützung von Familienangehörigen oder zu ähnlichen Zwecken errichtet werden können. Es kann aber nicht Zweck sein, den Lebensunterhalt einer Familie oder einzelner Familienangehöriger zu bestreiten. Zudem wird mit Art. 335 Abs. 2 ZGB die Errichtung von Familienfideikommissen verboten. Das bedeutet, dass es nicht erlaubt ist, über eine Familienstiftung ein Vermögen aufgrund von Verfügungen innerhalb einer Familie über mehrere Generationen hinweg gemäss einer festgesetzten Ordnung zu vererben.
Im Unterschied zu den gemeinnützigen Stiftungen unterstehen die Familienstiftungen auch nicht der Schweizer Stiftungsaufsicht. Für Familienstiftungen gilt die Aufsicht durch das Zivilgericht.
Entwicklung
Mit dem Verbot der eigentlichen Familienunterhaltsstiftung fehlt der Schweiz somit ein Instrument für die familiäre Vermögens- und Nachlassplanung. In der Beratung wird oft ein Gefäss gewünscht, das eine dosierte Weitergabe des Familienvermögens an die Nachkommen ermöglicht und somit das Vermögen nicht auf einmal den Erben zur freien Verfügung überlassen werden muss. Daher wird heutzutage in solchen Fällen oft auf ausländische Trusts oder ausländische (insbesondere liechtensteinische) Familienstiftungen ausgewichen.
Um dieses Vermögen und damit auch das Steuersubstrat in der Schweiz zu behalten, hat das Parlament den Bundesrat mit einer Motion beauftragt, einen Schweizer Trust zu schaffen und damit die Standortqualität der Schweiz diesbezüglich zu stärken. Inzwischen wurde dieser Antrag jedoch abgeschrieben, da kein politischer Konsens, insbesondere bezüglich der steuerrechtlichen Behandlung, absehbar war.
Da Familienstiftungen bereits im Gesetz verankert sind, könnte eine Anpassung des Art. 335 ZGB eine Schweizer Lösung für dieses Anliegen bei der Nachlassplanung bieten. Dazu wurde eine neue Motion im Jahr 2022 eingereicht.
Da von der zuständigen Kommission in Bern auf der einen Seite die parlamentarische Initiative zur Aufnahme des Rechtsinstituts des Trusts in die Schweizerische Gesetzgebung verabschiedet wurde, hatte die Kommission auf der anderen Seite die Modernisierung der Schweizer Familienstiftung empfohlen. Die im Ständerat und Nationalrat angenommene Motion von Thierry Burkart wird somit weiterverfolgt. Der Bundesrat muss nun einen Vorschlag ausarbeiten.
Besteuerung in der Schweiz
Familienstiftungen, die aktuell als solche anerkannt sind, sind im Schweizer Steuerrecht als Steuersubjekt anerkannt. Das heisst, die Familienstiftung führt eine Gewinn- und Kapitalsteuer ab. Dabei zu berücksichtigen sind allfällige für Bund und Kantone anwendbaren Freibeträge. Die Leistungen an die Destinatäre, die durch die Rechtspflicht ausgerichtet werden, können vom steuerbaren Gewinn abgezogen werden. Beim Empfänger unterliegen die Zuwendungen einer Familienstiftung grundsätzlich der Einkommensteuer (Art. 16 Abs. 1 DBG). Wichtig dabei ist, dass es sich nach jüngster bundesgerichtlicher Rechtsprechung mangels Schenkungsabsicht nicht um eine Schenkung handelt. Die Leistungen einer Stiftung werden in Erfüllung ihres Stiftungszwecks beziehungsweise ihrer durch die Statuten auferlegten Vorgaben entrichtet und fallen daher nicht unter die steuerfreien Einkünfte gemäss Art. 24 lit. a DBG (Grundsatz «Stiftungen schenken nicht»). Die Stiftung handelt nicht aus freiem Willen, sondern ist rechtlich verpflichtet, Leistungen zu erbringen.
Bei Ausrichtungen einer Familienstiftung kann im Weiteren gefragt werden, ob es sich allenfalls um einen einkommenssteuerfreien Unterstützungsbeitrag gemäss Art. 24 lit. d DBG handelt. Gemäss Rechtsprechung müssen dazu drei Bedingungen kumulativ erfüllt sein: (1.) Unterstützung, (2.) Unentgeltlichkeit der Zuwendung sowie (3.) Bedürftigkeit des Empfängers. Eine Einkommenssteuerbefreiung entfällt jedoch, soweit der Grundbedarf der Destinatäre bereits durch andere Unterstützungsleistungen gedeckt ist, beispielsweise durch unterhaltspflichtige Eltern.
Vergleich zur Besteuerung von liechtensteinischen Familienstiftungen
Das Bundesgericht qualifiziert liechtensteinische Familienstiftungen grundsätzlich als stiftungsähnliche Anstalten, wobei sie in Einzelfällen als Kapitalgesellschaften angesehen werden. Darüber hinaus unterscheidet das DBA CH-FL bei liechtensteinischen Familienstiftungen zwischen kontrollierten und nicht-kontrollierten Stiftungen. Bei kontrollierten Stiftungen haben die Stiftenden einen entscheidenden Einfluss, was grundsätzlich zu einer transparenten Besteuerung führt. Daher werden die Stiftungserträge und das Vermögen steuerlich direkt den Stiftenden zugerechnet. Im Gegensatz dazu, bei nicht-kontrollierten Stiftungen, haben sich die Stiftenden vollständig vom Vermögen entäussert, was zu einer intransparenten Besteuerung führt, beziehungsweise zur Anerkennung als eingeständiges Steuersubjekt.
Im politischen Vorschlag für die Schweizer Familienstiftung, die als Unterhaltsstiftung konzipiert ist, wird die bestehende Praxis beibehalten. Das bedeutet, dass bei widerruflichen oder kontrollierten Stiftungen das Stiftungsvermögen und die Erträge den Stiftenden zugerechnet werden sollen. Bei Stiftungen mit festen oder nicht kontrollierten Rechtsansprüchen müssen diese von den Begünstigten versteuert werden.
Fazit
Bei der Suche nach einer Schweizer Lösung für eine Unterhaltsstiftung geht es nicht um eine Steuerumgehung. Vielmehr ist das Ziel, das ZGB so zu modifizieren, dass solche Familienstiftungen in der Schweiz zugelassen werden und zukünftig für die Nachlassplanung genutzt werden können.