Die FINMA und die Asset Management Association Switzerland (AMAS) haben mehrere Dokumente veröffentlicht, die direkte Auswirkungen auf die Schweizer Fondsindustrie und die Vermögensverwaltung haben werden.
Das Wichtigste auf einen Blick:
1. Die AMAS hat die revidierten Richtlinien, die von der FINMA per 1. Januar 2022 als Mindeststandard anerkannt wurden, sowie den neuen Mustervertriebsvertrag veröffentlicht.
- Die AMAS hat die Selbstregulierung nochmals überarbeitet, sodass diese nicht nur an das FIDLEG/FINIG angeglichen, sondern auch als Mindeststandard anerkannt wurde. Die entsprechende Selbstregulierung besteht aus den eigentlichen Verhaltensregeln der Asset Management Association Switzerland wie auch aus den folgenden abgeleiteten Dokumenten:
- Richtlinie für Immobilienfonds
- Richtlinie für Geldmarktfonds
- Richtlinie für die Bewertung des Vermögens von kollektiven Kapitalanlagen und die Behandlung von Bewertungsfehlern bei offenen kollektiven Kapitalanlagen
- Richtlinie zur Berechnung der Performance von kollektiven Kapitalanlagen
- Richtlinie zur Berechnung und Offenlegung der Total Expense Ration (TER) von kollektiven Kapitalanlagen
Sämtliche Dokumente traten per 1. Januar 2022 in Kraft.
- Da der Vertrieb eng mit den Informationspflichten und den übrigen Sorgfaltspflichten verbunden ist, wurden die Verhaltensregeln eingebunden.
- Die AMAS hat auch die angepassten Musterprospekte für Fonds und SICAVs veröffentlicht. Insgesamt bauen diese auf dem bestehenden System auf. Dank Anhang 6 der Finanzdienstleistungsverordnung wurde auch für den Prospekt für Kapitalanlagen eine neue Struktur geschaffen. Vorerst ist es sicherlich nicht zwingend erforderlich, diese neue Struktur in die Prospekte aufzunehmen, aber wir empfehlen dennoch, sie zu verwenden, sobald sie verfügbar ist.
- Ferner wurde ein neuer Mustervertriebsvertrag veröffentlicht. Auf Behördenebene hat die Eidgenössische Steuerverwaltung dieses Modell zur Kenntnis genommen. Letzteres zielt darauf ab, relevante Tatsachen in der Praxis im neuen Regulierungskontext berücksichtigen zu können. Die Verwendung des neuen Mustervertriebsvertrages ist daher auch für die Rechtssicherheit von grosser Bedeutung.
2. L-QIF: Die Schlussabstimmung über die L-QIF fand am17. Dezember 2021 statt
Der Lancierung der neuen Kategorie Limited Qualified Investor Fund (L-QIF) in der Schweiz steht nun nichts mehr im Wege: Am 17. Dezember 2021 haben National- und Ständerat den Entwurf L-QIF in den Schlussabstimmungen verabschiedet.
Ziel des L-QIF ist es, eine neue Fondskategorie zu schaffen, die qualifizierten Anlegern im Vergleich zu ähnlichen ausländischen Fonds eine Schweizer Lösung bietet. Die neue Fondskategorie (L-QIF) zielt darauf ab, die Attraktivität von Schweizer Anlagefonds zu steigern und die Vermarktung innovativer Produkte zu erleichtern. Diese Art von Fonds unterliegt nicht der Bewilligung der FINMA und wird nicht von dieser kontrolliert. Sie ist qualifizierten Anlegern vorbehalten und muss von einer von der FINMA zugelassenen und kontrollierten Institution, in der Regel einem Fondsmanager, verwaltet werden.
Um Differenzen auszuräumen, folgte der Nationalrat dem Ständerat und schloss Vermögensverwalter nach Art. 17 Abs. 1 FINIG von der Verwaltung der L-QIF aus. Diese neue Kategorie innovativer Fonds verfügt somit über ein starkes indirektes Aufsichtskonzept, das eines der wesentlichen Elemente des L-QIF ist.
Das revidierte KAG wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 in Kraft treten.
3. KID Schweiz: Bundesrat verlängerte Übergangsfrist für die Erstellung eines Basisinformationsblatts für komplexe Finanzinstrumente
Der Bundesrat hat am 3. Dezember 2021 beschlossen, die Übergangsfrist für die Erstellung eines Basisinformationsblatts (BIB) für komplexe Finanzinstrumente um zwölf Monate zu verlängern. Bis zum 31. Dezember 2022 bleibt es daher für Wertpapiere und andere traditionelle Anlagefonds, Immobilienfonds und strukturierte Produkte möglich, anstelle von Basisinformationsblättern wesentliche Anlegerinformationen oder vereinfachte Prospekte gemäss den geltenden Bestimmungen der Rechtsvorschriften über kollektive Kapitalanlagen zu erstellen und zu veröffentlichen.
4. FINMA Risikomonitor 2021
Im November 2021 veröffentlichte die FINMA ihr Risikomonitoring. Sie stellt erhöhte Risiken im Immobilien- und Hypothekarmarkt fest. Als Hauptrisiken werden die folgenden sechs genannt:
- Anhaltendes Niedrigzinsumfeld
- Mögliche Korrektur am Immobilien- und Hypothekarmarkt
- Ausfälle oder Korrekturen bei Unternehmenskrediten und -anleihen im Ausland
- Cyberangriffe
- Geldwäschereibekämpfung
- Erschwerter grenzüberschreitender Marktzugang
Mit Ausnahme der Immobilien- und Hypothekarmärkte ist die FINMA der Ansicht, dass sich diese Risiken im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert haben. Weggefallen ist zusätzlich das Risiko aus der Abschaffung des LIBOR, welches im Jahre 2022 wegfallen wird. Im Fokus des Risikomonitorings 2021 steht auch der längerfristige Trend der Klimarisiken für den Finanzsektor. Die FINMA arbeitet intensiv mit den ihr unterstellten Instituten zusammen, um finanzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel adäquat identifizieren und in das Risikomanagement der Institute integrieren zu können. Besondere Aufmerksamkeit erhält auch die Analyse der ersten Publikationen zu Klimarisiken. Im Bereich des Anlegerschutzes interessiert sich die FINMA für das Risiko von Greenwashing beim Vertrieb von Finanzprodukten und -dienstleistungen. Um Täuschungsfälle bei der Darstellung von Produkten oder Dienstleistungen als nachhaltig zu vermeiden und zu verhindern, müssen Schweizer Fonds unter anderem für ausreichende Transparenz sorgen.
Mehr erfahren Sie in unserem Beitrag «FINMA Risikomonitor 2021».
5. ESG: Sustainable Finance.
Im November 2021 veröffentlichte die FINMA die Aufsichtsmitteilung 05/2021 mit dem Titel «Prävention und Bekämpfung von Greenwashing». Ende November 2021 veröffentlichten AMAS und SSF Empfehlungen zu Mindestanforderungen und Transparenz für nachhaltige Anlageprodukte (Details erfahren Sie in unserem Beitrag «Nachhaltigkeit - Kundenerwartungen erfüllen»)
- FINMA-Mitteilung: Die Investitionen in nachhaltige Finanzprodukte nehmen weiter zu. Kollektive Kapitalanlagen nehmen einen zentralen Platz unter den Finanzprodukten ein, die sich auf Nachhaltigkeit beziehen. Ihr Marktvolumen übersteigt jenes von kollektiven Kapitalanlagen mit Nachhaltigkeitsbezug. Aber es kann zu Diskrepanzen zwischen Kundenerwartungen und Produkteigenschaften in Bezug auf Nachhaltigkeitsziele kommen. In der Schweiz fehlen bislang spezifische aufsichtsrechtliche Anforderungen an Finanzprodukte und -dienstleistungen mit Bezug zur Nachhaltigkeit. Dies erhöht die Gefahr, dass Kunden und Investoren über die nachhaltigen Eigenschaften von Finanzprodukten und -dienstleistungen getäuscht werden (sog. «Greenwashing»). Zudem kann Greenwashing Risiken für die Marktteilnehmer und den Schweizer Finanzplatz bedeuten, darunter Rechts- und Reputationsrisiken, die in der Folge durch grenzüberschreitende Aktivitäten verschärft werden. Die FINMA erwartet deshalb, dass diesen Risiken angemessen begegnet wird.
- Um Täuschungsfälle bei der Darstellung von Produkten oder Dienstleistungen als nachhaltig zu vermeiden und zu verhindern, müssen Schweizer Fonds unter anderem für ausreichende Transparenz sorgen.
- AMAS Empfehlungen: AMAS und Swiss Sustainable Finance (SSF) haben Empfehlungen zu Mindestanforderungen an nachhaltige Anlageprodukte ausgesprochen, um das Vertrauen der Anleger in den Schweizer Finanzplatz zu stärken. Die «Recommendations on Minimum Requirements and Transparency for Sustainable Investment Approaches and Products » konzentrieren sich auf nachhaltige Produkte, die vom Fonds- und Asset-Management-Sektor entwickelt und von Finanzdienstleistern an Investoren verkauft werden.
Sie verfolgen drei Hauptziele:- Die verschiedenen Ansätze für nachhaltiges Investieren genau definieren und Mindestkriterien für die Umsetzung dieser Ansätze festlegen
- Festlegen von Mindestanforderungen an die Anlegerinformation
- Erklären, welche nachhaltigen Anlageansätze den Zielen der Anleger am besten entsprechen