Die sieben essenziellen Massnahmen für eine korrekte MWST-Abrechnung (Teil 2)

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Bei der Einkommenssteuer gibt es eine sogenannte «gemischte Veranlagung». Der Steuerpflichtige deklariert, die Steuerbehörde veranlagt. Die MWST basiert dagegen auf der Selbstdeklaration der Steuerpflichtigen. Es gibt keine Veranlagung. Der Steuerpflichtige trägt somit die volle Verantwortung für die korrekte Deklaration. Mittels periodischer Kontrollen prüft die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV), ob die Steuer korrekt deklariert wurde. Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verkürzung der Steuerforderungen der ESTV drohen Strafen, Nachforderungen und Verzugszinsen. Auf welche Punkte Sie besonders achten sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.

Teil 1 dieses Artikels publizierten wir im Juni 2021.

 

4. Anforderungen an das Buchhaltungsprogramm

Es gibt eine Vielzahl von Softwareprodukten auf dem Markt. Sie genügen unterschiedlichsten Ansprüchen hinsichtlich der Komplexität der Darstellung von Geschäftsvorgängen in den Büchern. Es geht dabei um die Integration von Nebenbüchern und Nebenprozessen zur Buchführung, wie Lohnbuchhaltung, Fakturierung, Bestellwesen oder Logistik, letztere mit verknüpfter Lagerbewirtschaftung.

Keine Software darf allerdings zulassen, dass bereits abgeschlossene Geschäftsperioden danach wieder bebucht werden können. Dies wäre ein grober Verstoss gegen handelsrechtliche Grundsätze der Buchführung. Die Massgeblichkeit von Bilanz und Erfolgsrechnung kann so per se durch die ESTV angezweifelt werden. Je nach Fall könnte diese eine Ermessenseinschätzung auf der Basis von Branchenerfahrungszahlen machen und rechtlich wohl auch erfolgreich durchsetzen.

Auch sollte darauf geachtet werden, dass eine Software bei Bedarf zumindest für sämtliche Ziffern auf der MWST-Abrechnung (inkl. 900 und 910) mindestens ein MWST-Kennzeichen zur Verfügung stellt.

Dies gilt auch für die mehrwertsteuerlich nicht relevanten Vorgänge wie für die Umsätze zwischen den Mitgliedern einer MWST-Gruppe, die Belastungen/Gutschriften innerhalb der Betriebsabrechnung (Kostenstellen, Produkte) auf Stufe der Betriebsbuchhaltung oder für die erwähnten Bewertungsdifferenzen.

Ferner gilt in der MWST der Grundsatz, dass in Ertragskonten, Aktiven des Anlagevermögens und den Vorauszahlungen keine Buchung ohne MWST-Kennzeichen (auch MWST-Code genannt) gemacht werden sollte. Die Software sollte diese «Forderung» unterstützen und bei Buchungen standardmässig nach einem MWST-Kennzeichen fragen oder dieses gar zwingend verlangen.

Die Software sollte ferner ebenfalls eine Auswertung pro Konto und den dort gebuchten MWST-Kennzeichen ermöglichen. Trifft dies zu und wird der oben genannte Grundsatz der stetigen Verbuchung mit MWST-Kennzeichen umgesetzt, kann der Nachweis der Erfolgsrechnungs-Saldi und der Übergang zur MWST-Abrechnung durch die Software pro Konto direkt aufgezeigt werden. Es gibt dann keine «blinden» Buchungssätze mehr, die zuerst begriffen und dann mehrwertsteuerlich qualifiziert werden müssen. Dadurch kann sich auch der Aufwand für die Umsatzabstimmung massiv reduzieren.

 

Kundenrechnungen korrekt stellen, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, auch unter dem Aspekt der dort allenfalls massgeblichen Vorschriften

Nach Art. 26 MWSTG müssen Rechnungen neben Namen und Adresse von Leistungserbringer und -empfänger, das Datum/den Zeitraum der Leistung, die genügende Beschreibung der Leistung, das Entgelt, den MWST-Satz und die MWST (offen) ausweisen.

Bei Ausgangsrechnungen muss schon aus Reputationsgründen und dem möglichen Mehraufwand von durch die Kunden verlangten Korrekturen diese formelle Strenge beachtet werden. Ob für eine Leistung die MWST abgerechnet werden und deshalb auf der Rechnung offen ausgewiesen werden muss, sollte - bei Zweifel - unter Beizug einer MWST kundigen Person bereits vor der Erstellung einer allfälligen Offerte an den Kunden beurteilt werden. Auch muss zu diesem Zeitpunkt bereits entschieden werden, ob sich der Preis in der Offerte inklusive allfälliger MWST versteht oder nicht.

Beide Entscheide, jener der Überwälzung der MWST auf den Kunden wie die Beurteilung, ob MWST den Steuerbehörden abzuführen ist, erlangen bei grenzüberschreitenden Leistungen einen viel höheren Stellenwert als bei reinen Inlandleistungen. Es gilt zu beachten, dass im Ausland die Sätze der allfällig dort abzuführenden MWST vielfach zwischen 20 bis 25 Prozent liegen und zusammen mit den allfälligen Verspätungszinsen, der Buss-Steuer oder der Busse schnell 50 Prozent des Umsatzes erreichen können. Damit kann ein vorerst lukrativ erscheinendes Geschäft plötzlich in einen massiven Verlust münden. In grenzüberschreitenden Fällen - ausser bei klaren Fällen von Warenexporten - ist die Unterstützung durch eine im jeweiligen Land MWST kundige Person u.E. ein absolutes Muss. Dies, wie oben für Inlandleistungen beschrieben, bereits bevor eine Offerte an einen ausländischen Kunden gestellt oder gar eine Leistung erbracht wird.

 

Lieferantenrechnungen formell prüfen und allfällige Vorsteuerberichtigungen vornehmen und deklarieren

Nach Art. 26 MWSTG formell korrekt in Rechnung gestellte Vorsteuer (vgl. obige Ausführungen) darf im Rahmen der unternehmerischen, steuerbaren Verwendung der Eingangsleistung immer zum Abzug gebracht werden (vgl. Art. 28 Abs. 1 MWSTG). Entsprechend ist u.E. nach wie vor empfehlenswert, die formelle Kontrolle und die allfällige Rücksendung von formell nicht korrekten Eingangsrechnungen vorzunehmen.

Absolutes Erfordernis für den Vorsteuerabzug ist der Nachweis der Bezahlung der in Rechnung gestellten Vorsteuer (vgl. Art. 28 Abs. 3 MWSTG und obige Ausführung zur formell korrekten Rechnung). Darauf sollte man sich aber nur in Ausnahmefällen, nicht aber als Handlungsgrundsatz, stützen. Ferner ist festzuhalten, dass dieser Nachweis der Bezahlung erst dann vorliegt, wenn im Zahlungsbeleg die Vorsteuer nicht nur betragsmässig, sondern auch satzmässig nachgewiesen ist (vgl. obige Ausführungen zu Art. 26 MWSTG) oder aber dort ein Hinweis auf die korrekt ausgestellte Rechnung vorliegt.

Als Rechnung gilt nach Art. 3 Bst. k MWSTG übrigens jedes Dokument, wie immer es unter den Parteien bezeichnet wird (z.B. Handelsrechnung, Bestellung, Quittung oder Vertrag), mit dem gegenüber einer Drittperson (z.B. Kunde) über das Entgelt für eine Leistung abgerechnet wird.

Wer von der MWST ausgenommene Umsätze erzielt, ist grundsätzlich zur Vorsteuerkorrektur verpflichtet. Nur bei gewissen geringfügigen Nebenerträgen verzichtet die ESTV auf eine Vorsteuerkorrektur (z.B. bei Zins- oder Wertschriftenerträgen bis max. 5 Prozent des Gesamtertrags respektive 10'000 Franken pro Steuerperiode als Nebenertrag). Die MWST-Info-Broschüre Nr. 09, Vorsteuer und Vorsteuerabzug, gibt sehr detailliert darüber Auskunft, aber auch über die Methoden der Vorsteuerkorrektur (inkl. Pauschalen dazu).

Ferner ist beim Erhalt von Subventionen die Vorsteuer zu kürzen, entweder in deren Verhältnis zum Gesamtertrag (inkl. Spenden) bei allgemeinen Betriebssubventionen (vgl. Art. 75 Abs. 3 MWSTV) resp. in deren Verhältnis zu den Aufwendungen in einem Tätigkeitsbereich, wenn die Subvention ausschliesslich für diesen gesprochen wird (vgl. Art. 75 Abs. 2 MWSTV, sog. objektbezogene Subventionen). Fällt dort keine Vorsteuer an oder besteht dort kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (z.B. wegen Erzielung von ausgenommenen Umsätzen, vgl. Art. 29 Abs. 1 MWSTG), muss keine Vorsteuerkürzung vorgenommen werden resp. sie entfällt.

Vorsteuerberichtigungen, ob Korrektur oder Kürzung, können sehr kompliziert werden. Sie unterliegen letztendlich dem subjektiven Ermessen der ESTV. Entsprechend sollte eine schriftliche Anfrage mit der Darlegung des Sachverhalts und der angewendeten Grundsätze der eigenen Vorsteuerberichtigungsmethode nicht vergessen werden, wenn es um grosse Vorsteuerbeträge oder um die künftige Festlegung eines MWST-Konzepts geht.

 

Einhaltung von Fristen

Die MWST auf dem MWST-Abrechnungsformular muss bis spätestens 60 Tage nach Quartals- oder Semesterende deklariert und bezahlt werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist ein Verzugszins von 4 Prozent ab erstem Tag des Verzugs geschuldet. Es empfiehlt sich, diese Fristen generell einzuhalten. Fristverlängerungen um maximal 60 Tage können per Internet beantragt werden. Stetige Mahnungen oder Fristverlängerungen können u.U. eine MWST-Kontrolle auslösen.

 

Fazit

Wer eine regelmässige Umsatzabstimmung über sämtliche Erfolgrechnungskonten, das Anlagevermögen und die Vorauszahlungen mit der Beschreibung und der Dokumentation der gefundenen Differenzen zwischen den Saldi der Erfolgsrechnung- resp. Bilanz-Konten und der MWST-Abrechnungen vornimmt, senkt das latente MWST-Risiko markant. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit dem Buchhaltungsprogramm durch eine Auswertung pro Konto und MWST-Kennzeichen der Nachweis dieser Kontensaldi erbracht resp. der Übergang auf die MWST-Deklaration dokumentiert werden kann. Dies erfordert allerdings die Verwendung eines MWST-Kennzeichens pro Buchung.

Dieses Vorgehen ist sehr zu empfehlen, denn auch der Zeitgewinn bei der Umsatzabstimmung kann dadurch nicht unerheblich werden. Wer zusätzlich die Fristen einhält und bei der Deklaration von ausgenommenen Umsätzen resp. dem Erhalt von Subventionen die Vorsteuer regelmässig berichtigt, hinterlässt bei der ESTV kaum Auffälligkeiten, die es durch eine Kontrolle vor Ort zu klären gilt. Ferner ist es sehr empfehlenswert, bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, ausser bei klaren Fällen von Warenexporten, eine fachkundige Person vor dem Erstellen von Offerten an Kunden beizuziehen, um die allfälligen mehrwertsteuerlichen Folgen im jeweiligen ausländischen Staat zu klären.