Das müssen Sie zur MWST-Kontrolle der ESTV wissen

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) führt jedes Jahr mehr als 9'000 Kontrollen bei MWST-Pflichtigen durch. Diese Kontrollen können für die Steuerpflichtigen heikel sein und nicht selten resultieren wesentliche Aufrechnungen. Im Artikel zeigen wir Ihnen, auf was Sie achten sollten.

Die Mehrwertsteuer (MWST) ist eine Selbstveranlagungssteuer. Es liegt deshalb in der Verantwortung des Steuerpflichtigen, die vielen Ausnahmen und Spezialfälle korrekt zu deklarieren. Die ESTV ihrerseits überprüft und plausibilisiert die eingehenden Quartals- und Semesterabrechnungen. Zudem führt sie Kontrollen vor Ort bei den Steuerpflichtigen durch. Mit diesem Newsletter legen wir Ihnen den genauen Ablauf einer solchen MWST-Kontrolle dar und weisen Sie auf die wichtigsten Punkte hin.

 

Ankündigung der MWST-Kontrolle

In der Regel nimmt der Steuerinspektor der ESTV telefonisch mit der steuerpflichtigen Person oder deren Steuervertreter (z.B. Treuhandbüro) Kontakt auf, um den genauen Zeitpunkt, den Revisionsort, die Kontrollperiode und die ungefähre Dauer der Kontrolle zu vereinbaren. Eine erste Beachtung sollte dabei dem Ort der Kontrolle geschenkt werden, denn für viele Klein- und Mittelbetriebe stellt eine solche MWST-Revision einen zusätzlichen Stressfaktor dar. Wenn auch die Buchhaltung mehrheitlich durch den Treuhänder ausgearbeitet wird, ist es meistens sinnvoll, die MWST-Kontrolle direkt beim Treuhänder durchführen zu lassen. Dieser kennt die wesentlichen Geschäftsfälle der Unternehmung, hat die Buchhaltungsunterlagen vor Ort und ist es gewohnt, den Revisor während der MWST-Kontrolle zu begleiten.

Sind die Details mit dem Revisor der ESTV geklärt, folgt die schriftliche Ankündigung und Bestätigung der geplanten MWST-Revision. Mit dieser Ankündigung beginnt eine Frist von 360 Tagen, innerhalb dieser die ESTV diese Kontrolle durchzuführen und mittels einer Einschätzungsmitteilung abschliessen sollte. Zudem unterbricht diese Kontrollankündigung die Festsetzungsverjährung der Steuer (Verlängerung der Verjährungsfrist um zwei Jahre).

 

Vorbereitung und Zusammenstellung der Unterlagen 

Eine MWST-Revision beinhaltet normalerweise die Prüfung der letzten fünf Steuerperioden (Kalenderjahre) des Steuerpflichtigen mit dem Ziel, die korrekte Anwendung der steuerlichen Vorschriften sowie die rechtsgleiche Behandlung sicherzustellen. Deshalb verlangt die ESTV Einsicht in sämtliche Unterlagen der Buchhaltung, Verträge oder sonstige Dokumente der geschäftlichen Tätigkeit.

Zur Vorbereitung empfiehlt sich, für jede Steuerperiode folgende Unterlagen elektronisch oder in einem Ordner (je nach Umfang der Unterlagen) lückenlos zusammenzustellen:

  • MWST-Abrechnungen inkl. Korrektur- und Berichtigungsabrechnungen
  • Umsatzabstimmung und Vorsteuerplausibilisierung (Finalisierung)
  • MWST-Journale
  • Kontendetails der Buchhaltung inkl. Jahresrechnung
  • Debitoren- und Kreditorenrechnungen
  • Exportnachweise und Einfuhrdokumente
  • Berechnungsgrundlagen zu Vorsteuerkorrekturen und -kürzungen
  • Berechnungsgrundlagen zu den verbuchten Privatanteilen
  • Zusätzliche Unterlagen zu spezifischen Geschäftsfällen (Steuerrulings oder Auskünfte)

 

Bei der Zusammenstellung dieser Unterlagen ist den folgenden Themenbereichen zudem erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen:

Prüfspur

Unter einer Prüfspur wird die Verfolgung der Geschäftsvorfälle sowohl vom Einzelbeleg über die Buchhaltung bis zur MWST-Abrechnung als auch in umgekehrter Richtung verstanden. Diese Prüfspur muss auch für Stichproben jederzeit ohne grösseren Zeitverlust gewährleistet sein. Demzufolge ist ein übersichtlicher Aufbau der Geschäftsbücher sowie klare und verständliche Buchungstexte in der Buchhaltung zwingend notwendig. Auf den entsprechenden Belegen sind einerseits Kontierungs- oder Zahlungshinweise zu vermerken und andererseits ist deren systematische und geordnete Aufbewahrung (Archivierung) sicherzustellen. Welche technischen Hilfsmittel dabei zur Anwendung kommen, ist nicht von Belang.

Umsatzabstimmung und Vorsteuerplausibilisierung

Mit Einführung des neuen MWST-Gesetzes per 1. Januar 2010 wurde in Art. 72 auch die Pflicht zur Finalisierung der jeweiligen Steuerperiode eingeführt. Dies bedeutet, dass die steuerpflichtige Person ihre Buchhaltung innerhalb von 180 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres mit den eingereichten MWST-Abrechnungen abzustimmen und somit nochmals auf deren Vollständigkeit resp. Richtigkeit zu prüfen hat. Allfällige Differenzen (zu Gunsten oder zu Lasten des Steuerpflichtigen) sind der ESTV mittels der Jahresabstimmung (Berichtigungsabrechnung) nachzumelden.

Bezüglich der Umsatzabstimmung sind demzufolge die Erträge gemäss Erfolgsrechnung (ohne die darin enthaltenen zeitlichen Abgrenzungen wie z.B. angefangene Arbeiten, Delkredere, Rückstellungen oder Bestandesänderungen) mit den eingereichten MWST-Abrechnungen zu vergleichen. Allfällige Differenzen sind zu klären, entsprechend zu dokumentieren und allenfalls mittels der Berichtigungsabrechnung zu korrigieren. Als eine der häufigsten Fehlerquellen ist zudem zu beachten, das steuerbare Verkäufe von Anlagevermögen normalerweise nur über die Bilanzkonten verbucht werden und somit aus den Ertragskonten nicht ersichtlich sind. Auch in den Aufwandkonten oder im ausserordentlichen Ertrag können steuerbare Umsätze enthalten sein.

Zwecks der Vorsteuerabstimmung verlangt die MWST-Verordnung in Art. 128 Abs. 3 lediglich eine Abstimmung der deklarierten Vorsteuerbeträge mit den vorhandenen Vorsteuerkonten (reine Kontoabstimmung). Eine zusätzliche Vorsteuerplausibilisierung (Schätzung der Vorsteuern anhand des verbuchten Aufwandes) kann jedoch im Rahmen einer MWST-Kontrolle verlangt werden!

Exportnachweise und Einfuhrdokumente

Grundsätzlich müssen von der Steuer befreite Warensendungen ins Ausland mittels zollamtlichen Exportbescheinigungen nachgewiesen werden. Allenfalls können auch entsprechende Transportrechnungen aufgrund der freien Beweiswürdigung als Nachweis dienen. Gelingt der Nachweis dieser Warensendungen ins Ausland jedoch im Rahmen einer MWST-Kontrolle nicht, müssen diese Umsätze vollumfänglich versteuert werden.

Ähnlich verhält es sich mit den Einfuhrdokumenten. Liegen die zollamtlichen Einfuhrsteuerveranlagungsverfügungen nicht vor, besteht grundsätzlich kein Anrecht auf die Vornahme des Vorsteuerabzuges. Es ist deshalb gerade bei international tätigen Unternehmen von zentraler Bedeutung, dass diese Bescheinigungen vorliegen und auch den einzelnen Warenlieferungen zugeordnet werden können (siehe Prüfspur). Dabei ist im Weiteren zu beachten, dass diese Einfuhrsteuerdokumente grösstenteils nur noch elektronisch ausgestellt werden und vom Steuerpflichtigen selbst mittels der Onlineplattform «e-dec» bei der Eidg. Zollverwaltung EZV bezogen und bei sich selbst elektronisch archiviert werden müssen. Denn für den Nachweis von steuerentlastenden Tatsachen ist immer der Steuerpflichtige selbst verantwortlich.

Vorsteuerkorrekturen und -kürzungen

Damit ein Vorsteuerabzug vorgenommen werden kann, muss die bezogene Leistung für einen steuerbaren Zweck verwendet werden. Zudem muss ein entsprechender MWST-konformer Rechnungsbeleg vorliegen. Werden die Leistungen sowohl für steuerbare als auch für nicht steuerbare Tätigkeiten verwendet (gemischte Verwendung), ist der Vorsteuerabzug anteilsmässig zu korrigieren. Diesbezügliche Berechnungsgrundlagen sind deshalb im Rahmen einer MWST-Kontrolle vorzulegen.

Vorsicht gilt auch bei Steuerpflichtigen, die Subventionen oder andere öffentlichrechtliche Beiträge erhalten. Denn diese Mittelflüsse gelten mangels Leistungsverhältnis nicht als Entgelte und führen deshalb zu einer Kürzung des Vorsteuerabzuges. Entsprechende Berechnungsgrundlagen sind deshalb ebenfalls dem Steuerrevisor zur Verfügung zu stellen.

Leistungen an das Personal oder nahestehende Personen

Eine weitere häufige Fehlerquelle stellen die Leistungen des Arbeitgebers an das Personal oder an nahestehende Personen dar. Bei der MWST wird dabei zwischen zwei Personengruppen unterschieden. So ist bei Lohnausweisempfängern (Personal und Verwaltungsräte) darauf zu achten, dass die von ihnen bezogenen Leistungen (bspw. Gratisverpflegung und Unterkunft oder private Nutzung des Geschäftsfahrzeuges) – wenn sie im Lohnausweis aufzuführen sind (siehe dazu Wegleitung SSK) – aus mehrwertsteuerlicher Sicht immer als entgeltliche Leistungen zu betrachten sind. Demzufolge sind diese Privatanteile mit dem massgebenden Steuersatz zu versteuern. Sind dagegen Leistungen (bspw. gratis Halbtaxabo SBB oder übliche Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke bis CHF 500) nicht im Lohnausweis zu deklarieren und gelten somit als nicht entgeltlich erbracht, sind auch keine steuerlichen Korrekturen vorzunehmen.

Die zweite Personengruppe stellen die Nicht-Lohnausweisempfänger (eng verbundene Personen ohne Mitarbeit im Betrieb und Inhaber von Einzelfirmen) dar. Auch ihre bezogenen Leistungen (z.B. private Warenbezüge oder private Unkostenanteile) sind steuerlich zu korrigieren, wenn der Ausgabepreis nicht dem Drittpreis entspricht.

Bei Inhabern von Einzelfirmen ist speziell darauf zu achten, dass diese Korrektur nicht über die Umsatzsteuer, sondern mittels der «Rückgängigmachung» des seinerzeit vorgenommenen Vorsteuerabzuges (Vorsteuerkorrektur Eigenverbrauch) vorgenommen wird.

Gut dokumentierte Berechnungsgrundlagen zu den Leistungen an das Personal oder an nahestehende Personen sind somit für die MWST-Revision von Bedeutung und allenfalls vorgängig zu vervollständigen.

Immobilien

Im Bereich der Immobilien ist besonders darauf zu achten, dass die wesentlichen Unterlagen zu Käufen, Verkäufen oder deren steuerlicher Nutzung (z.B. Grossrenovationen, Optierung bei Vermietung oder Verkauf) gut dokumentiert und aufbewahrt werden. Gerade bei nachträglichen Nutzungsänderungen zu Lasten der steuerlichen Verwendung (z.B. Vermietung von bisher selbst genutzten Immobilien oder Teilen davon ohne Option) sind die Vorsteuerkorrekturen rückwirkend auf die letzten 20 Jahre vorzunehmen und werden im Rahmen einer MWST-Kontrolle geprüft. Eine entsprechende Aufbewahrung dieser Unterlagen während mindestens 26 Jahren ist deshalb unerlässlich.

 

Ablauf der MWST-Kontrolle und Eröffnung des Kontrollergebnisses

Zu Beginn der MWST-Kontrolle wird sich der Steuerrevisor einen Überblick über die Geschäftstätigkeiten, Besonderheiten und Spezialitäten des zu prüfenden Betriebs verschaffen. Dafür eignet sich in der Regel eine kurze Besprechung mit den zuständigen Personen (steuerpflichtige Person, Betriebsbuchhalter oder Treuhänder).

Danach prüft der Revisor anhand der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen die Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Steuerpflichtigen erstellten Deklarationen. Erfahrungsgemäss liegt der Fokus dabei auf der vollständigen Deklaration aller Umsätze, der Überprüfung der vorgenommenen Vorsteuerabzüge inkl. diesbezüglicher Vorsteuerkorrekturen und -kürzungen, der verbuchten Privatanteile sowie nicht geschäftsmässig begründeter Aufwendungen oder Nutzungsänderungen.

Nach Abschluss dieser Prüfungshandlungen bespricht der Steuerrevisor der ESTV seine Feststellungen mit den zuständigen Personen und eröffnet ihnen das Kontrollergebnis (provisorische Berechnung der Nachbelastungen oder Gutschriften). Dieses Kontrollergebnis stellt jedoch noch keine rechtliche Verfügung dar. Allfällige Beanstandungen oder Meinungsverschiedenheiten können somit noch unkompliziert im Dialog mit der ESTV geklärt werden. Es ist deshalb sehr wichtig, bei Unstimmigkeiten bereits bei Erhalt dieses Kontrollergebnisses einen MWST-Spezialisten beizuziehen.

 

Eröffnung der Einschätzungsverfügung

Nach erfolgter Durchführung der MWST-Revision und Zustellung des diesbezüglichen provisorischen Kontrollergebnisses eröffnet die ESTV dem Steuerpflichtigen zeitnah die definitive Einschätzungsmitteilung. Allfällige Korrekturen und Bereinigungen von Unstimmigkeiten sind nun in der Regel nur noch auf dem Rechtsmittelweg möglich, denn auf Beanstandungen der definitiven Einschätzungsmitteilung reagiert die ESTV meist mit der Ausstellung einer anfechtbaren Verfügung. Dabei ist zu beachten, dass eine Einsprache gegen diese Verfügung nur innerhalb von 30 Tagen möglich ist. Nach Ablauf dieser Frist ist der im Rahmen der durchgeführten MWST-Kontrolle aufgerechnete Steuerbetrag zur Bezahlung fällig.

 

Fazit und abschliessende Bemerkungen

Die nachträgliche Zusammenstellung der für eine MWST-Kontrolle notwendigen Unterlagen ist meistens sehr zeitintensiv. Der Steuerpflichtige ist deshalb gut beraten, wenn diese Unterlagen schon während den einzelnen Steuerperioden korrekt abgelegt und gesammelt werden. Die investierte Zeit in diese Vorbereitung lohnt sich auf jeden Fall, denn nicht zuletzt zählt auch der «erste Eindruck» des Steuerrevisors und kann eine MWST-Revision entsprechend beeinflussen.

Das aufgrund der durchgeführten MWST-Revision erstellte Kontrollergebnis ist bei Unstimmigkeiten unbedingt noch vor Erhalt der definitiven Einschätzungsmitteilung mit einem MWST-Spezialisten zu besprechen. Wie erwähnt können so Beanstandungen und Meinungsverschiedenheiten mit der ESTV oftmals noch vor Bestreiten des formellen Rechtsmittelweges geklärt werden.

Eine überstandene MWST-Revision hat auch Vorteile, denn nur so erhält der Steuerpflichtige die Gewissheit, dass er keine steuerlichen Risiken mitträgt. Oftmals werden dabei auch MWST-Optimierungsmöglichkeiten offenbart.

Gerne stehen Ihnen unsere MWST-Spezialisten bei Ankündigung einer MWST-Kontrolle mit Rat und Tat zur Seite und planen mit Ihnen das genaue Vorgehen.

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