Agile Revision

Wegbereiterin moderner Unternehmensprüfung

«Das Tempo des Wandels war noch nie so schnell, aber es wird nie wieder so langsam sein.» - Ein weiser Satz von Justin Trudeau, dem Premierminister Kanadas, der die rasanten Veränderungen in unserer Wirtschaftswelt treffend beschreibt. Die Globalisierung und Digitalisierung konfrontieren Unternehmen mit zunehmender Dynamik und Komplexität - die Unsicherheit steigt. Hier kann die Interne Revision einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie wertvolle Beratung sowie zusätzliche Ressourcen bietet, um strategische Hürden zu meistern und das Kontrollumfeld zu stärken.

Um mit den sich wandelnden Anforderungen von Unternehmen Schritt zu halten, müssen die Prozesse im Internal Audit kontinuierlich angepasst werden. Effizienz ist auch bei wachsender Komplexität unerlässlich, um für Kundinnen und Kunden einen Mehrwert erzielen zu können. Die Agile Revision, inspiriert durch Methoden der Softwareentwicklung und bietet hier neue Möglichkeiten, um dynamisch und flexibel auf veränderte Kundenbedürfnisse zu reagieren.

Agile Revision versus traditionelle Revision

Traditionelle Auditmethoden zeichnen sich durch etablierte Rollen und ein hierarchisches System aus. Der Fokus liegt dabei auf der Struktur und einer vordefinierten Vorgehensweise. Die Planung ist somit im Jahresplan fixiert und auf spezifische Schwerpunkte der Prüffaktoren ausgelegt. Ein intensiver Austausch mit dem Audit-Team, den Stakeholdern und den zu prüfenden Bereichen prägen die Durchführung des klassischen Audits. Vielfach ist der Prozess sehr zeitintensiv und wird als träge wahrgenommen. Abgeschlossen wird der Audit mit der Publikation eines umfassenden Berichts zum vorab vereinbarten Zeitpunkt.

Bei der agilen Methode hingegen, steht die iterative Planung im Vordergrund. Mit Hilfe von sogenannten «Sprints» wird der Fokus auf bestimmte Bereiche gelegt. Auch bei der agilen Methode ist ein starker Austausch zwischen den Sprint-Teams wichtig. Dieser erfolgt jedoch kontinuierlich und ist nicht an einen festgelegten Zeitraum gebunden. Die Sprints zeichnen sich durch ihre Flexibilität aus und ermöglichen, dass die Teams gezielt mit den passenden Spezialistinnen und Spezialisten für die jeweiligen Themengebiete besetzt werden können, was die Qualität erhöht. Dies ermöglicht eine schnelle Anpassung an veränderte Bedingungen und eine gezielte Fokussierung auf die für das Unternehmen relevante Themen. Auf diese Weise können Veränderungen oder Risiken schneller erkannt werden.

Bei der Agilen Revision werden folglich kurze, aber intensive Prüfungsphasen angewendet, die sich ideal auf die Bedürfnisse des Unternehmens und dessen Stakeholder anpassen lassen. Die regelmässige und durch das iterative Vorgehen häufigere Berichterstattung sorgt für Transparenz. Mit der agilen Methode verbessert sich die Nachverfolgbarkeit von Meilensteinen, da die Teilschritte besser nachvollziehbar sind. Zudem ermöglicht sie, wichtige Erkenntnisse effektiver hervorzuheben und schneller zu adressieren.

Die Agile Revision zeichnet sich zusammenfassend durch folgende vier Eigenschaften aus:[1]


 

Potenziale der Agilen Revision

Ein wesentlicher Vorteil der agilen Methode besteht darin, dass bereits während der Prüfung aufschlussreiche Zwischenergebnisse generiert werden können. Entsprechend kann bereits während des Prüfungsprozesses das Feedback der Stakeholder umgesetzt und die Prüfung zielorientiert verbessert sowie auf die Bedürfnisse abgestimmt werden. Darüber hinaus fördert das iterative Vorgehen des agilen Ansatzes die frühzeitige Identifizierung und Adressierung von Risiken, was den Gesamtwert des Prüfungsergebnisses erhöht. Die Aufteilung der Revision in Sprints ermöglicht eine klare Zuteilung der Teilprozesse auf die Prüferinnen und Prüfer. Die Dauer und das Ziel der Sprints wird vorgängig definiert, um eine effiziente Durchführung zu gewährleisten. Ein besonderer Aspekt ist, dass die Teams für jeden Sprint gezielt mit Fachspezialistinnen und -spezialisten zusammengestellt werden können.

In der Praxis zeigt sich, dass agile Methoden im Auditbereich dazu beitragen können, sich an die ändernden und steigenden Anforderungen anzupassen. Das Ergebnis einer quantitativen Studie von Botzenhardt & Schommer, publiziert in der Zeitschrift für Interne Revision (ZIR), mit Mitarbeitenden und Führungskräften der Internen Revision zeigt auf, dass die agile Auditmethodik von Prüferinnen und Prüfern als vorteilhaft gegenüber der traditionellen Auditmethodik wahrgenommen wird. Insbesondere der Themenplanungsprozess, die Kommunikation sowie der schnellere Erkenntnisgewinn wurden als deutlich besser beurteilt, wobei keine signifikanten Nachteile bei den abgefragten Faktoren festgestellt wurden.[2]

Die Agile Revision ermöglicht somit im Vergleich zur traditionellen Revision mehr Flexibilität während der Prüfung, einen dynamischeren Prüfungsprozess und eine kontinuierliche Kommunikation. Das iterative Vorgehen ist insbesondere wertvoll, wenn das Prüfungsgebiet und die Anforderungen komplex oder unklar sind.

Grenzen der Agilen Revision

Die Agile Revision gilt als moderner, fortschrittlicher Ansatz und ist bisher entsprechend wenig wissenschaftlich erforscht worden. Folglich sind die empirischen Belege für den konkreten Nutzen in der Agilen Internen Revision beschränkt; die Forschungserkenntnisse zu agilen Methoden in der Softwareentwicklung lassen sich nur bedingt auf die Revision übertragen.

Für den Einsatz agiler Auditmethoden ist ein Prüfungsthema erforderlich, welches sich sowohl zeitlich als auch inhaltlich in einzelne, klar definierte Prüfungsschritte gliedern lässt. Die Prüfungsprozesse können in kurzer Zeit relevante Ergebnisse hervorbringen, müssen allerdings auch zeitnah und verständlich kommuniziert werden.

Agile Methoden sind nicht bei jeder Prüfung notwendig oder sinnvoll. Sofern die zu prüfenden Anforderungen und die dafür notwendigen Lösungsansätze bekannt sind, ist eine traditionelle Prüfungsmethodik passender.[3] Bei einer standardisierten Filialprüfung eignet sich entsprechend die klassische Methode, beispielsweise in Form von klar definierten Jahresprüfungsprogrammen.

Die Anwendung agiler Methoden setzt qualifizierte Revisorinnen und Revisoren voraus, die nicht nur über das notwendige Grundwissen, sondern auch über die notwendige mentale Grundhaltung und ein agiles Mindset verfügen. Zudem bedarf es der Unterstützung des Managements zur erfolgreichen Implementierung agiler Methoden. Die Führungsebene sollte davon überzeugt sein, agile Prinzipien selbst verstehen und diese auch vorleben, was wiederrum viel Training und Erfahrung voraussetzt.

Mehrwert für die Interne Revision

Der Einsatz agiler Methoden und Praktiken kann für die Interne Revision einen Mehrwert liefern. Allerdings ist die Agile Revision nicht in jedem Fall sinnvoll und an gewisse Voraussetzungen geknüpft, was massgeblich vom jeweiligen Unternehmen abhängig ist. Es zeichnet sich jedoch eine zunehmende Relevanz agiler Auditmethoden ab.

Die Agile Revision ermöglicht es der Internen Revision, sich an die zunehmende Volatilität im Prüfungsumfeld anzupassen und gleichzeitig Effizienz- und Effektivitätspotenziale zu nutzen.

Quellen: Zeitschrift Interne Revision (ZIR)

- Juni 2019: Die agile Revision, eine neue Chance?; Seite 110-111
- August 2019: Agile Auditing: Die Lösung der Revision für steigende Anforderungen; Seite 160-170
- April 2019: Agiles Projektmanagement und agile Revision; Seite 56-63 

 


[1] Vgl. Botzenhardt & Schommer in ZIR (August 2019) S.161
[2] Botzenhardt & Schommer in ZIR (August 2019) S. 169
[3] Stacey Matrix (Vgl. Stacey RD. Strategic management and organisational dynamics: the challenge of complexity. 3rd ed. Harlow: Prentice Hall, 2002)