Was bedeutet das «Ja» zur AHV 21?

Voraussichtlich am 1. Januar 2024 tritt die Reform AHV 21 in Kraft. Das sind die Auswirkungen für die Versicherten und die Unternehmen.

 

Es ist geschafft! Nach 25 Jahren Scheiterungsgeschichte kann endlich wieder eine namhafte AHV-Reform umgesetzt werden. Der Abstimmungskampf wurde hart geführt. Jetzt sind die Würfel gefallen und es gilt, das Ergebnis anzunehmen und das Gute zu sehen.

Im Artikel «AHV 21» - Fluch oder Segen?  haben wir die Auswirkungen der Reform grob umrissen. Dieser Artikel soll noch konkreter informieren.

Allen nachfolgenden Beispielen liegt die Annahme zugrunde, dass die Reform per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt wird.

 

Was bedeutet Referenzalter?

Der Begriff «ordentliches Rentenalter» wird ersetzt durch «Referenzalter». Die Pensionierung wird flexibler und damit die Entscheidung freier, wann wir in Rente gehen möchten. Dennoch braucht es einen Begriff für den Zeitpunkt, zu dem die Rente ohne Kürzung und ohne Zuschlag bezogen werden kann. Das ist neu das Referenzalter. Es liegt für Frauen und Männer ab 2028 bei 65 Jahren.

 

Wann werden Frauen künftig pensioniert?

Das Referenzalter für Frauen wird schrittweise erhöht. Bei Inkrafttreten der Reform per 1. Januar 2024 sieht das wie folgt aus:

Jahr Jahrgang Referenzalter
2024 1960 64 Jahre
2025 1961 64 Jahre und 3 Monate
2026 1962 64 Jahre und 6 Monate
2027 1963 64 Jahre und 9 Monate
2028 1964 65 Jahre

Hinweis: Die Rente wird jeweils ab dem Folgemonat nach dem Geburtstag, mit dem man das Referenzalter erreicht hat, ausbezahlt.
 

Beispiele

  • Susanne, geboren am 20. Dezember 1960 erhält die volle Rente ab Januar 2025 (das wäre auch nach altem Recht so gewesen).
  • Erika, geboren am 13. Juli 1961 erhält die Rente ab November 2025 (statt bisher ab August 2025).
  • Barbara, geboren am 4. April 1963 erhält die Rente ab Februar 2028 (statt bisher ab Mai 2027).

 

Welche Vorteile gibt es für Frauen?

Wie bisher kann man die AHV-Rente maximal zwei Jahre früher beziehen als vorgesehen. Allerdings hat das eine Rentenkürzung zur Folge. Diese Rentenkürzungen fallen für Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969 tiefer aus. Mit anderen Worten: Diese Frauen können sich früher pensionieren lassen mit weniger Renteneinbussen. Zudem werden die Renten von Frauen mit tiefen Einkommen noch weniger gekürzt als für Frauen mit höherem Einkommen (mehr zum Vorbezug unter «Welche Vorteile gibt es für Männer und Frauen?»).

Die Frauen der erwähnten Jahrgänge profitieren aber auch ohne Rentenvorbezug von Ausgleichsmassnahmen – in Form eines Rentenzuschlags. Auch hier greift die soziale Komponente; Frauen mit tieferen Einkommen erhalten höhere Zuschläge als solche mit höherem Einkommen.

Sowohl die reduzierte Rentenkürzung bei Vorbezug als auch den Rentenzuschlag bei Pensionierung ohne Vorbezug erhalten Frauen lebenslang.

Das Referenzalter wird nicht nur bei der AHV erhöht, sondern auch in der beruflichen Vorsorge. Somit sparen Frauen, die einer Pensionskasse angeschlossen sind, länger und haben bei der Pensionierung ein höheres Altersguthaben. Das wird mindestens zur Hälfte vom Arbeitgeber mitfinanziert.

 

Welche Vorteile gibt es für Männer und Frauen?

Die AHV wird flexibler und kann künftig besser mit der beruflichen Vorsorge koordiniert werden. Wie bisher ist – jetzt für alle – ein Rentenbezug möglich im Alter zwischen 63 und 70 Jahren. Während der Vorbezug bisher jedoch nur ein oder zwei ganze Jahre möglich war, kann er nun in einem beliebigen Monat erfolgen.

Die Rentenkürzung bei Vorbezug fällt künftig tiefer aus als bisher, die Frühpensionierung wird also attraktiver. Noch attraktiver wird sie für Personen mit einem durchschnittlichen Einkommen von 57'360 Franken oder weniger. Für sie fällt die Rentenkürzung bei Vorbezug noch tiefer aus.

Im Gegenzug gibt es auch tiefere Zuschläge bei Aufschub der Rente. Dies deshalb, weil wir heute älter werden und länger Rente beziehen. Der Zuschlag soll dem Betrag entsprechen, auf den durch den Aufschub verzichtet wurde, verteilt auf die geschätzte restliche Lebenszeit.

Ebenfalls neu ist, dass Teilrenten bezogen werden können. Diese müssen mindestens 20 und können höchstens 80 Prozent der vollen Rente betragen. So kann die Pensionierung im Alter zwischen 63 und 70 Jahren in mehreren Schritten erfolgen.

 

Arbeit im Alter wird attraktiver

Ein besonders störendes Element wird nun behoben. Wer bisher über das ordentliche Rentenalter hinaus arbeitet, geniesst zwar einen Freibetrag von 16'800 Franken pro Jahr bzw. 1'400 Franken pro Monat, auf dem keine AHV-Beiträge mehr abgerechnet werden. Auf dem übersteigenden Lohn werden allerdings weiterhin Beiträge fällig - ohne, dass dies der eigenen Rente zugutekommt.

Neu haben Personen, die das Referenzalter erreichen und noch erwerbstätig sind, ein Wahlrecht, ob der AHV-Rentnerfreibetrag angewendet werden soll oder nicht. Zudem werden die bezahlten Beiträge auch nach Erreichen des Referenzalters angerechnet, sowohl als Beitragszeit als auch für die Berechnung der eigenen Rente. So können Personen mit Beitragslücken diese füllen. Personen, die aufgrund ihres durchschnittlichen Einkommens weniger als eine Maximalrente erhalten, können diese mit zusätzlichen Beitragszahlungen erhöhen.
 

Beispiel: Das ist künftig möglich

Peter steht vor seinem 63. Geburtstag und blickt auf eine erfolgreiche, aber auch anstrengende Karriere zurück. Er möchte etwas kürzertreten und neuen Hobbies frönen. Solange seine Gesundheit jedoch mitmacht, möchte er auch noch arbeiten. Seinem Arbeitgeber kommt das entgegen. So kann sich ein Nachfolger einarbeiten und Peters Aufgaben nach und nach übernehmen. So könnte Peters Plan aussehen:

  1. Reduktion des Pensums auf 80 Prozent mit 63 Jahren. Bei Bedarf kann er eine Teilrente beziehen von 20 Prozent.
  2. Reduktion des Pensums auf 40 Prozent mit 65 Jahren. Bei Bedarf kann er eine weitere Teilrente von insgesamt maximal 60 Prozent beziehen.
  3. Die restliche Rente schiebt er auf, solange er noch arbeiten kann und will. Spätestens mit 70 Jahren werden die restlichen Leistungen fällig.

Die schrittweise Pensionierung ist nicht nur bei der AHV, sondern je nach Reglement auch bei der beruflichen Vorsorge möglich. Der Bezug von Teilrenten und -kapital hat Auswirkungen auf die Steuern. Je nach Ausgangslage ist das eine oder andere Szenario attraktiver. Lassen Sie sich beraten, um das Optimum aus der Vorsorgeplanung herauszuholen.
 

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Was müssen Unternehmen jetzt tun?

Anpassungen im Lohnsystem

Das neue Referenzalter für Frauen muss per Inkrafttreten der Reform im Lohnsystem eingepflegt werden. Mitarbeitende im Referenzalter können wählen, ob der Rentnerfreibetrag angewendet werden soll. Das bedeutet im Lohnsystem braucht es eine entsprechende Einstellung auf dem einzelnen Mitarbeitenden. Je nachdem werden bei der Lohnabrechnung mehr oder weniger AHV-Beiträge berechnet.

Anpassungen im Arbeitsvertrag/Personalreglement

Sollten die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehen unter Nennung des Alters, muss dieses für Frauen angepasst werden. Verträge sollten auch daraufhin geprüft werden, ob sie Bestimmungen zu Sozialversicherungen enthalten, die aufgrund der Inkraftsetzung der Reform ändern.

MWST-Erhöhung

Unternehmen müssen ihre Systeme auf die neuen MWST-Sätze anpassen. Dies betrifft alle Betriebe, die im Register der MWST-Pflichtigen eingetragen sind, unabhängig davon, ob sie Personal beschäftigen. Ebenfalls betroffen sind allfällige Privatanteile, die mit MWST abgerechnet werden.

Pensionskassenreglement

Die Bestimmungen zum neuen Referenzalter sowie zu den Möglichkeiten des Vorbezugs und Aufschubs hat zur Folge, dass die Pensionskassen ihre Reglemente anpassen müssen. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre angeschlossenen Arbeitnehmenden in geeigneter Form über die Änderungen zu informieren.

Personalplanung

Tauschen Sie sich mit Ihren Mitarbeitenden ab 55 regelmässig über deren Pensionierungsplanung aus. Klären Sie den Zeitpunkt der allfälligen Reduktion des Arbeitspensums bzw. der Pensionierung. Bauen Sie diese Planung in Ihre Personalprozesse ein. BDO unterstützt Sie gerne dabei.

Tipp

Die Reform bringt für Ihre Mitarbeitenden neue Möglichkeiten in der Vorsorgeplanung. Reichern Sie den nächsten Personalanlass an mit einer Informations-Präsentation mit Fragerunde. So kommen Sie der Informationspflicht nach, punkten bei Ihren Mitarbeitenden mit einem fürsorglichen Service und schaffen eine Vertrauensbasis für Gespräche zur Pensionierungsplanung. Wir unterstützen Sie gerne dabei.

 


 

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