Die Wichtigkeit der Überwachung von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mit erhöhtem Risiko
Die Wichtigkeit der Überwachung von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mit erhöhtem Risiko
Am 17. September 2024 informierte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) die Öffentlichkeit über ein Enforcementverfahren gegen die Bank Mirabaud & Cie SA (Bank Mirabaud). Das Verfahren wurde im Juni 2021 aufgrund von Hinweisen auf Verfehlungen bezüglich einer komplexen Kundenstruktur eröffnet und im Juni 2023 abgeschlossen. Die FINMA stellte fest, dass von der Bank Mirabaud nur unzureichende Massnahmen zur Bekämpfung der Geldwäscherei ergriffen wurden. Dieses Beispiel verdeutlicht die Wichtigkeit der Überwachung von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mit erhöhtem Risiko (GmeR und TmeR) im Rahmen der Geldwäschereibekämpfung.
Welche Verstösse hat die FINMA festgestellt?
Die Bank Mirabaud unterhielt seit 2010 Geschäftsbeziehungen zu Strukturen, die im Zusammenhang mit einem mittlerweile verstorbenen Geschäftsmann, dem Steuerhinterziehung vorgeworfen wird, standen. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung verwaltete die Bank Mirabaud zwischenzeitlich bis zu 1.7 Milliarden USD. Die FINMA hat festgestellt, dass die Bank Mirabaud ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Bekämpfung von Geldwäscherei nicht ausreichend nachgekommen ist. Konkret wurde bemängelt, dass sie Transaktionen im Zusammenhang mit dem besagten Geschäftsmann nicht angemessen überwacht hat. Trotz Hinweisen auf erhöhte Geldwäschereirisiken wurde die wirtschaftliche Berechtigung und die Hintergründe der Transaktionen nur mangelhaft überprüft und dokumentiert.
Welche Massnahmen hat die FINMA angeordnet und was sind die daraus resultierenden Konsequenzen?
Bis zur Implementierung eines angemessenen Risikomanagements darf die Bank Mirabaud keine neuen Kunden mit erhöhtem Geldwäscherisiko aufnehmen. Darüber hinaus hat die FINMA 12.7 Millionen Franken an unrechtmässig erwirtschaftetem Gewinn eingezogen. Um ein angemessenes Risikomanagement zu gewährleisten, hat die FINMA angeordnet, das interne Kontrollsystem auszubauen sowie die Corporate Governance organisatorisch und personell zu stärken. Zusätzlich müssen jede bestehende Kundenbeziehung und jede Transaktion mit erhöhtem Risiko zwischen 2018 und 2022 erneut geprüft und bei Bedarf nachdokumentiert werden. Ausserdem muss die Bank Mirabaud über ihr Vergütungssystem neue Anreize für einen angemessenen Umgang mit Risiken schaffen. Die Bank wird zusätzliche Ressourcen benötigen, um die Kundenbeziehungen und Transaktionen zu bereinigen und zu dokumentieren. Dies kann grosse finanzielle Auswirkungen haben. Es ist deshalb wichtig, dass man als Finanzintermediär den gesetzlichen Anforderungen bei der Prüfung und Dokumentation von GmeR und TmeR nachkommt. Diese Anforderungen werden im Nachfolgenden dargestellt.
Wann ist eine Geschäftsbeziehung als GmeR einzustufen?
Finanzintermediäre sind im Rahmen ihres Risikomanagements verpflichtet, in einer Weisung Kriterien für Geschäftsbeziehungen mit erhöhtem Risiko zu entwickeln (Art. 13 Abs. 1 GwV-FINMA). Kriterien können beispielsweise der Sitz bzw. Wohnsitz oder die Art der Geschäftstätigkeit der Vertragspartei sein. Aber auch die Höhe der eingebrachten Vermögenswerte oder die Komplexität der Strukturen können als Kriterien herangezogen werden. Im Rahmen einer Risikoanalyse muss der Finanzintermediär für jedes in der GwV-FINMA gelistete Kriterium festhalten, ob dieses für seine Geschäftstätigkeit relevant ist (Art. 13 Abs. 2bis GwV-FINMA). Grundsätzlich kann der Finanzintermediär seine Kriterien jedoch im Hinblick auf sein Geschäftsmodell risikoorientiert selbst festlegen. Gemäss Art. 13 Abs. 3 GwV-FINMA sind die folgenden Geschäftsbeziehungen allerdings immer als GmeR zu führen:
- Geschäftsbeziehungen mit ausländischen politisch exponierten Personen (PEP) oder ihnen nahestehenden Personen;
- Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Banken, für die ein Schweizer Finanzintermediär Korrespondenzbankgeschäfte abwickelt; und
- Geschäftsbeziehungen mit Personen, die in einem Land ansässig sind, das von der FATF als «High Risk» oder nicht kooperativ betrachtet wird.
Handelt es sich um einen inländischen PEP ist die Geschäftsbeziehung nur als GmeR einzustufen, wenn weitere Risikokriterien erfüllt sind.
Wann ist eine Transaktion als TmeR einzustufen?
Der Finanzintermediär muss auch für Transaktionen mit erhöhtem Risiko eigene Kriterien entwickeln. Gemäss Art. 14 Abs. 2 FINMA-GwV kommen insbesondere die folgenden Kriterien in Frage:
- Die Höhe der Zu- und Abflüsse von Vermögenswerten;
- unübliche Abweichungen von Transaktionsarten, -volumina & -frequenzen; und
- Herkunfts- & Zielland von Zahlungen.
Gemäss Art. 12 Abs. 4 GwV-FINMA gelten die folgenden Transaktionen immer als Hochrisiko:
- Transaktionen im Rahmen von Geschäftsbeziehung, bei denen zu Beginn Vermögenswerte (physisch) in Höhe von mindestens 100'000 CHF eingebracht wurden; oder
- Zahlungen aus oder in ein Land, das von der FATF als «High Risk» oder nicht kooperativ betrachtet wird.
Welche Massnahmen müssen ergriffen werden, wenn eine GmeR oder TmeR vorliegt?
Finanzintermediäre sind dazu verpflichtet, sowohl bei der Aufnahme als auch während der laufenden Geschäftsbeziehung kontinuierlich zu überprüfen, ob eine Beziehung oder Transaktion mit erhöhtem Risiko vorliegt. Wenn ein erhöhtes Risiko identifiziert wird, sind erweiterte Abklärungspflichten erforderlich (Art. 15 Abs. 2 GwV-FINMA). Der Finanzintermediär muss nach Bekanntwerden des Risikos unverzüglich aktiv werden und zusätzliche Informationen einholen (Art. 17 GwV-FINMA). Diese Informationen umfassen zum Beispiel die Herkunft der eingebrachten Vermögenswerte oder den Verwendungszweck der abgezogenen Vermögenswerte. Diese Abklärung kann sowohl durch direkten Kontakt mit dem Kunden als auch durch die Einsicht öffentlicher Quellen erfolgen. Die erlangten Informationen müssen plausibilisiert und sorgfältig dokumentiert werden (Art. 15 Abs. 1f. GwV-FINMA).
a) GmeR
Wird eine GmeR i.S.d. Art. 13 Abs. 3 und 4 Bst. a-c GwV-FINMA identifiziert, muss durch ein Mitglied der Geschäftsleitung über die Aufnahme bzw. Weiterführung der Geschäftsbeziehung entschieden werden (Art. 19 Abs. 1 Bst. a GwV-FINMA). Darüber hinaus muss eine periodische Prüfung (meist jährlich) aller GmeR stattfinden, um über die Weiterführung der Geschäftsbeziehung entscheiden zu können. Damit eine fundierte Entscheidung getroffen werden kann, bedarf es erweiterter KYC-Abklärungen.
b) TmeR
Um eine TmeR zu erkennen, sind Banken und Wertpapierhäuser zu einer informatikgestützten Transaktionsüberwachung verpflichtet (Art. 20 Abs. 2 GwV-FINMA). Wie bereits beschrieben, muss nach der Identifikation einer TmeR unverzüglich gehandelt werden, innerhalb von 10 Tagen sollte die Abklärung initiiert werden. Falls die Transaktion nach der Abklärung nicht plausibel erscheint, muss eine MROS-Meldung durchgeführt werden.
Welche Erkenntnisse lassen sich aus dem Fall Bank Mirabaud gewinnen?
Jedem Finanzintermediär sollte bewusst sein, wie wichtig es ist, ein gutes Geldwäscherei-Abwehrdispositiv zu führen. Ansonsten kann die FINMA, wie das Beispiel der Bank Mirabaud zeigt, umfangreiche Massnahmen mit schwerwiegenden Konsequenzen für den Finanzintermediär anordnen. Um finanzielle Schäden und Reputationsschäden zu vermeiden, sollten die gesetzlichen Vorschriften vollumfänglich eingehalten werden.